Stadtstreicher – Kolumne 30

Stadtstreicher 30

Da soll noch einer sagen, die Leute kämen nicht nach Bad Buchau oder die Umgehungsstraße halte einige von der Einkehr in Bad Buchau ab. Nichts davon stimmt. Mindestens, wenn hier etwas geboten wird, kommen auch die Besucher. Einige Beispiele aus den letzten Tagen belegen dies deutlich.

Zwischen Weihnachten und Neujahr wollte ich das Thermalbad besuchen. Der Warmwasserdampf über der herrlichen Schneelandschaft lockte auch mich. Schon am überfüllten Parkplatz am Teuchelweg vermutete ich, heute bin ich sicher nicht allein in der Schwitzgrotte. Als ich dann in die Nähe der Kasse kam, dachte ich, hier gibt es etwas umsonst. Gleich am Eingang stockte es. Etwa 50 Personen standen da in der Reihe. Als ich diese überholen wollte, wurde ich mit unmissverständlichen Äußerungen zurückgepfiffen. Dabei wollte ich bloß die Ursache des Auflaufs erkunden. Tatsächlich, alle hatten das gleiche Ziel: Thermalbaden. Unverzüglich brach bei mir der Schweiß aus, schlimmer als in der Sauna. Das muss ich mir doch nicht antun, war mein Gedanke. Das Weihnachtsgeschenk ist für mich als Stadtstreicher viel zu wertvoll, als es in der langen Unterhose zu verschwitzen. So machte ich kehrt. Es gibt sicher in den nächsten Wochen noch bessere Gelegenheiten, die Baderomantik zu genießen. Wenn ich schon mal die Gelegenheit habe, dann entsprechend gepflegt nach dem Buchauer Slogan: Natur, Kultur und Gesundheit und nicht im Nahkampfgetöse, wenn ich im Saunadampf eventuell meiner Nachbarin versehentlich auf den Schoß sitze.

Dann der herrliche Vorfrühlingstag der offenen Tür, bei dem die Anbauten an das Stiftsareal vorgestellt wurden. Wieder kaum einen Parkplatz zu ergattern. Schlangen von Neugierigen, die auf die Erhebung der ehemaligen Buchauer Insel pilgerten. Schlimmer wie bei der Bussenwallfahrt. Ich dachte, da werden heute wohl die Adelindisbrote von den Stiftsdamen an die Armen verteilt. Ich schaffte es schließlich tatsächlich bis in den Innenbereich. Natürlich freute ich mich, als die Fürstäbtissin Maximiliane mich persönlich im Goldenen Saal an Ihre scherpengeschmückte breite Brust presste. Ich fürchtete schon, sie wollte mich gleich zur Therapie da behalten. Sehr beeindruckt nicht nur von der ordenglänzenden Frauenbrust sondern von dem Glanz in allen Ecken und Winkeln des alten Gemäuers wandelte ich dahin. Nichts Gewöhnliches findet da man mehr. Den Stress des Alltags legt man schnell ab und das Gleichgewicht findet man in dieser Atmosphäre sofort wieder. Schließlich wird man von der Erbauung und von der Harmonie gefangen genommen. Diese Eintracht von Seele und Geist ist dem Stift ja angeboren und quasi in den Grundmauern verankert. Die jetzige Therapie der Klinik wahrt da praktisch diese Traditionen und setzt diese mit modernsten Methoden in die Gegenwart um. Ich freue mich, dass das alles so gelungen ist und das alte Reichsstift weiter so viel Segen und Wohlgefallen über das Federseegebiet ausstrahlt. Und das hoffentlich weitere Jahrhunderte.

Mit etwas weniger Besuchern musste da allerdings der Bürgermeister bei seiner Wiedervereidigung für die neue Amtszeit auskommen. Immerhin, war es eine öffentliche Gemeinderatssitzung. Der Andrang von Bürgern hielt sich allerdings in Grenzen. Selbst die Presse glänzte durch Abwesenheit. Weniger Interesse kann man diesem Akt also wirklich nicht entgegen bringen. Ungeklärt für die Öffentlichkeit im Raum steht, ob der Bürgermeister in den letzten Wochen bei seinem Krankenhausaufenthalt und seiner Kur eine Generalüberholung über sich ergehen ließ oder ob spezielle Reparaturen seines Gesundheitszustandes erforderlich waren. Egal, ich hoffe und wünsche Ihm, dass er wieder voll hergestellt ist und die neue Amtszeit in voller Kraft und Blüte antreten und auch ableisten kann. Die Schatten seines Vorgängers verblassen nämlich allmählich und es geht immer mehr darum, völlig neue Zukunftsakzente mit der Bevölkerung zu diskutieren, festzuschreiben und umzusetzen. Ein solches Konzept verhindert, ein sich verzetteln bei knappen Finanzmitteln oder falsche Einzelmaßnahmen zu ergreifen (wie z.B. die unsinnige Idee vom Bau einer Festhalle). Mit der Moorheilbad gGmbH und der Fa. Kessler haben wir zwei tragende Pfeiler und damit gute Voraussetzungen, die öffentliche Infrastruktur erstarkend zu ergänzen, das Innenmarketing aufbauend abzustimmen und alles zu einem zukunftsweisenden Gesamtziel zusammenzufügen. Um im Bild zu bleiben. Es reicht also sicher nicht aus, die leeren Schaufensterscheiben einfach wieder aufzufüllen. Diese müssen mit zugkräftigen Ideen ganz neu bestückt werden. Eine überaus schwere, zermürbende aber verpflichtende Aufgabe. Fest steht: mit einer „netten Toilette“ oder einer „blauen Zone“ allein, kann man das sicher nicht erreichen. Also lassen wir die Ideen auf uns einströmen, eine Flut wird sich daraus kaum entwickeln.

Ja, und schon geht es wieder los mit der Fasnet. Nach dem Motto: Strom kommt aus der Steckdose. Aber nicht vergessen, vorher die Sicherung eindrehen. Sonst wird’s wieder nix mit dem Humor auf Bestellung. Also dann viel Spaß auf allen Ebenen.

Euer Stadtstreicher