Der neue Stadtstreicher ist soeben erschienen… Kolumne No.33

Stadtstreicher Nr. 33

Am Federseesteg wird wirklich mit Hochdruck gearbeitet. Der Einsatz der Handwerker bei kalten und feuchten Winterwetter ist wirklich sehr lobenswert. Trotz allen widrigen äußeren Umständen und auch Unfallgefahren wächst das Werk täglich ein gutes Stück. Davor muss man Achtung und Respekt haben. Es sind alles erfahrene Kräfte, die hier ihr Bestes geben, ob Baggerführer oder Schlepperfahrer, ob Zimmermann oder Stadtarbeiter. Unter solch unberechenbaren Umständen können Motorsägen und anderen Maschinen beim Arbeitseinsatz sehr gefährliche Instrumente werden. Ein plötzlicher Ausrutscher auf den wackligen, glatten Holzbohlen oder ein plötzliches Einbrechen in den Moorboden oder ein sonstiger Fehltritt kann ungeahnte Folgen haben. Nicht nur nasse Füße. Ich glaube, dies muss auch einmal erwähnt werden. Die schönen Bilder von der Baustelle geben kaum einen realistischen Eindruck, was hier wirklich geleistet wird. Ich habe da persönlich einen großen Respekt und bewundere diese Leute sehr. Die Besucher, die zur Zeit enttäuscht vor der Baustelle stehen, ahnen davon nichts. Und später, wenn sie den schönen Steg begehen, denken sie wohl auch kaum an die Schwerstarbeit, die dieses Werk abgefordert hat. Früher hat man ja keine tonnenschweren Baumstämme mit dem Bagger in den Boden eingedrückt, sondern nur Fichtenstangen. Das allerdings geschah allein mit Muskelkraft. Die Stangen wurden mit Hilfe eines Eisenkranzes, an dem Seile befestigt waren, aufgerichtet und dann mit Hilfe des Körpergewichts von sechs bis 8 Leuten im Hauruck-Verfahren in das Moor eingerammt. Das erinnerte schon fast an Sklavenarbeit.

Ja der Steg ist das Wahrzeichen von Buchau und vom Federsee. Er hat uns richtig bekannt gemacht. Ohne Ihn wäre das Erreichen der Seefläche und das lauschige Wandern durch die breiten Schilfgürtel nicht möglich. Wesentliche Bereiche unserer Freizeit- und Erholungsfunktion wären in Frage gestellt. Früher war der Kanal für die Buchauer auch noch das allgemeine Freibad. Erst als die allgemeine Verschmutzung des Sees durch die einfließenden häuslichen Abwässer und durch landwirtschaftliche Überdüngung überhandnahm, wurde dieser Brauch eingestellt und untersagt. In den 1960 iger und 70iger Jahren wurde dies so schlimm, dass zur Sommerzeit immer mehr nur noch eine grünliche Algenbrühe, die schließlich teilweise auf mehrere Zentimeter anwuchs und übel stank, bewundert werden konnte. 1979/80 hat man gar in der Tiefenbacher Bucht mit Güllefässern solchen Algenschlamm abgesaugt und auf die Wiesen und Äcker geführt. Durch den Westwind wurde in der Bucht die Algenbrühe zu richtigen Schlammbänken aufgetürmt, die zum Himmel stanken. Der See, das Herzstück unseres Naturschutzgebietes, war wirklich zur Kloake verkommen und die Fauna in der Vielfalt total erschöpft. Ohne Ringleitung und Kläranlage hätte man heute den Federseesteg nicht mehr erneuern brauchen. Keiner hätte mehr Interesse an so einer Dunglege. Romantik und Vogelwelt wären verschwunden. Gott sei Dank ist es anders ausgegangen. Harald Müller hätte seinen Überblick über die unternommenen Anstrengungen in der Federseelandschaft wesentlich kürzen können. Wahrscheinlich hätte man auch wegen des Erhalts des Moorbades keine Umgehungstrasse mehr gebraucht

Manche der Entwicklungen sind also von ganz existentieller Bedeutung für das Wohl und Wehe der Menschen in einem Gebiet.

Als Stadtstreicher, der laufend unterwegs ist, seine Freude an der Natur voll auskostet und sich an den Schönheiten erbaut, darf man an solche Szenarien gar nicht denken. Das wäre schlimmer als ein riesiger Waldbrand, von denen man immer in der Zeitung liest oder was man von ölverseuchten Stränden hört.