Stadtstreicher Nr. 127 – die Kolumne für Bad Buchau

Bürgermeister werden, ist nicht allzu schwer, Bürgermeister sein, dagegen sehr.
Rathaus Wain am Sonntag, den 30. 11.2014 neuer Bürgermeister mit 95,2 % gewählt. „Da freuen sich zwei“, stellt Landrat Heiko Schmid fest. „Einer, der loslassen, und einer, der anfangen darf.“ Ein „toller Kerle“ sei Stephan Mantz, hochqualifiziert für das Amt. Lichter anzünden könne nur, wer selber brennt – „und Sie, Herr Mantz, brennen.“ Da scheinen die Wainer ja ein besonderes Glück gehabt zu haben, bei einem solchen Bürgermeisterkandidaten, wenn sich der Landrat und die Wähler nicht ganz täuschen. Wunschtraum ist eine Kreuzung aus volkstümlichem Bierzeltkönig und kreativem Verwaltungsmanager mit betriebswirtschaftlichem und juristischem Fachverstand. Und solche Kreuzungen bringt die Natur nicht sehr oft zustande. In einem solchen Fall reicht natürlich eine Bewerbung völlig aus. Viele Gemeinden müssen da mit etwas tieferen Erwartungen einsteigen. Aber Gott sei Dank entwickeln sich Bürgermeister als durchaus volksnah, kreativ und erfolgreich für die Gemeinden noch während ihrer Amtszeit. Diese zeigen ihre Fähigkeiten nach dem Motto, wem Gott ein Amt gibt, gibt er auch die Kraft dieses auszufüllen. Da haben die Uttenweiler Bürger eine schwere Entscheidung vor sich, denn sie haben gleich zwei brauchbare Bewerbungen.
Schiff ahoi!
Aber schauen wir wieder auf unsere Stadt am Federsee. Denn hier steht das „Regierungsprogramm“ des neuen Gemeinderats, das aus der Agenda unseres Bürgermeisters in einer Klausur entwickelt wurde. Aus über 200 Seiten hat die SZ Riedlingen den Kunstgriff geschafft, es auf knapp drei Schreibmaschinenseiten zusammen zu fassen. Was wohl in der Agenda sonst noch alles steht, lässt sich kaum erahnen. Gesehen und auch gelesen hat diesen „Masterplan“ mit 19 Bereichen des buchauer Kommunallebens ohne konkrete Schwerpunkte noch kein einziger normaler Bürger. Dabei wäre es vielleicht tatsächlich ein „Hit“ an Unterhaltung.
Der Gemeinderat hat mit 10 vermerkten konkreten Handlungsfeldern sich zufrieden gegeben. Für fünf Jahre Arbeit eine durchaus sehr anspruchsvolle Auswahl, zumal das eine oder andere sich noch einschieben wird. Da kann man nur sagen: “Die Seile los, das Schiff legt ab.“ Wohin geht die Reise? „Kommunalpolitik ist alles andere als ein statischer, sondern ein ausgesprochen komplexer Prozess, der weder Anfang noch Ende kennt.“ sagt der Kapitän des Schiffes. So richtig diese Worte auch sein mögen, geht dies nicht ohne ein konkretes Ziel vor Augen zu haben. Totale Orientierungslosigkeit, im Nebel kreuz und quer über den Federsee kreuzen? Ein Flickenteppich, das kann nun wirklich nicht sein. Was soll aus Bad Buchau werden? Seit dem Krieg haben wir uns als kleinstädtisch-ländlich freie Reichstadt heraus in Richtung Heilbäderstadt mit Natur- und Kulturpotenzial bewegt und erfüllen wichtige Unterzentrumsfunktionen im Gemeindeverwaltungsverbandsgebiet. Mit keinem Wort ist diese Fortsetzung benannt. Wird dies konzentriert weiterverfolgt und werden in dieser Richtung weitere bedeutende Akzente angesteuert? Manches wäre da beharrlicher fortzusetzen und vieles weiter zu stärken! Dies ist ein Prozess „der weder Anfang noch Ende kennt“. So fragt man sich, wohin will man Bad Buchau überhaupt weiter entwickeln? Klare Bekenntnisse und Orientierungsschwerpunkte sind nicht selbstverständlich und schon gar nicht kann man sie ohne weiteres austauschen oder dazu neue Antworten finden.
Eine besinnliche Adventszeit allen Lesern des Stadtstreicher.