Stadtstreicher Kolumne Nr. 67

Kindergarten Farbe und Dach

Es hat wohl nichts mit der bunten, ausgelassenen Fasnetszeit zu tun gehabt, die jüngste Gestaltungsberatung. Zunächst muss einmal herausgestellt werden, dass der Kindergarten ein zweigliedriger Bau ist. Bei der Sitzung war der flache Vorbau das Hauptthema. Manche wollten die Fassadenfarbe bunter und aufreizender andere eher dezent, schlicht in Grün, der „Symbolfarbe des Lebens“. Die Kinder würden selbst Farbe genug ins Haus bringen. Sicher hat Architekt Tress recht, mit der Feststellung, die Fassadenfarbe sei nicht nur eine Geschmacksache. Sie sollte entweder den Charakter oder die Nutzung eines Gebäudes symbolisieren und unterstreichen. Ob Altersheim oder Kindergarten, das muss schon nach „außen getragen“ werden. Wenn das mit den sägerauen Holzpanelen in verschiedenen Grüntönen gelingt, könnte der Vorbau und damit der Eingangsbereich schon Stil und Prägung bekommen. Im Kontrast dazu steht die helle Putzfarbe des Hauptbaus. Es muss allerdings klar sein, dass die rauen Holzpanelen nicht nur sehr schmutz- sondern auch wetteranfällig sind und damit höheren Unterhaltungsaufwand erfordern werden. Sonst sieht der neue Kindergarten schnell vergammelt aus.

Ähnlich aussagekräftig für den Charakter eines Gebäudes ist neben der Farbe, die Dachform. Im Gegensatz zum ausgeprägten Pultdach des Hauptbaus wurde für den Vorbau ein abgeflachtes Pultdach (3%), gewählt. Um Missverständnisse zu vermeiden, würde man hier besser von einem leicht geneigten Kiesflachdach sprechen. Das ist eine kostengünstige, sichere Lösung.

Patrizia zeigt Stuttgart die kalte Schulter (SZ-Bericht vom 16.02.12)

Damit soll nicht das Wettertief vom Wochenende angesprochen werden. Um etwas ganz anderes geht es. Das Augsburger Unternehmen Patrizia hat die 21.000 Immobilien der Landesbank Baden-Württemberg ersteigert. Nun will die Stadt Stuttgart von Patrizia 4.900 Wohnungen am Stuttgarter Nordbahnhof, einem künftigen Filetstück der Stadtgestaltung, abkaufen. Aber der Unternehmer Patrizia sagt nein und macht damit klar, dass er als Eigentümer dieses Gebietes jetzt am längeren Hebel sitzt, trotz Bebauungsplan und Stuttgarter Stadtgestaltung.

Das alles erinnert doch etwas an die Buchauer Situation beim Götzburgareal, ebenfalls einem Filetstück unserer Stadtsanierung. Ohne jegliche vorhergehende Abmachung mit der Stadt hat man vor Jahren dem Abbruchunternehmer das Areal zum günstigen Mindestgebot von 150.000 Euro bei der Versteigerung überlassen. Jetzt wird verbissen gepokert, wie hoch sich die Stadt an den Abbruchkosten der Gebäude aus Sanierungsmitteln beteiligen soll. Die Mitsprache der Stadt beschränkt sich letztlich wohl weitgehend auf das Bezahlen dieser Unkosten. Sonst dürfte zu befürchten sein, dass trotz des weitgehenden Entgegenkommens beim Bebauungsplan auf dem Gelände nicht allzu viel passieren könnte. Das Ergebnis einer Einigung zögert sich immer länger hinaus. Der Eigentümer sitzt eben am längeren Hebel in Stuttgart wie in Bad Buchau.

Hat die Stadt den Fehler eingesehen, nachdem sie jetzt das Schmuckgebäude erworben hat? Zu welchem Preis geschah dies? Mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages sind die Gründe für die Nichtöffentlichkeit entfallen. Die Zahl gehört auf den Tisch. Zu vermuten ist, es war sicher nicht billiger, wie das riesige Götzburgareal zusammengenommen.

Bundepräsident Wulff in Memoriam

Man wirft der Presse teilweise vor, sie habe Bundepräsident Wulff auf dem Gewissen. Diese Feststellung hinkt zumindest. Die Medien zeigten die Schwächen dieses Mannes auf. Daraus wurde allerdings eine Litanei. Aber die eigentlichen Fehler hat Wulff schon ganz allein selbst gemacht und zu verantworten. Das gilt für die Sache als solches wie für den Verfahrensablauf.

Der Rücktritt erfolgte viel zu spät und nur mit großem Schaden für das Amt und die demokratischen Wertgepflogenheiten. Jetzt musste Wulff es doch tun und das auch noch in der Fasnetswoche. Passt an und für sich schon ins Gesamtbild dieser mehrwöchigen, peinlichen Nabelschau. Viele werden aber trotzdem nicht mehr lachen können. Es ist nämlich schon lange keine Komödie mehr. Eher ein erneuter Trauerfall für die abgeflachten Zustände in unserem Land allgemein. Das Standbild eines modernen, strahlenden Berufspolitikers und Politmanagers im höchsten Amt dieser Republik ist gestürzt. Damit auch der „persönliche Präsident“ von Merkel. Aber wir werden darüber hinwegkommen, wenn wir nur an Griechenland denken.