Stadtstreicher – Kolumne No.20

Ein Blick auf die Bürgermeisterwahl

Nun Herr Diesch, jetzt ist es ja gelaufen. Es wird Ihnen wohl ein Stein vom Herzen fallen. Einziger Bewerber, was will man mehr. Freie Bahn für die nächsten 8 Jahre ohne Langeweile. Ich als Stadtstreicher freue mich darauf, wenn es so weitergeht, gehen wenigstens die Themen nicht aus. Ich werde kritischer Begleiter bleiben und die Bürger weiter unterhalten. Ein wenig zum Schmunzeln und Hintergründiges kann ja die Stimmung nur heben. Die Buchauer Welt wird zwar dadurch nicht gewandelt, aber mit etwas Humor erträgt man das eine oder andere vielleicht etwas leichter. Das fängt schon mit der jetzigen Bürgermeisterwahl an. Ich nehme an, dass alle Wählerinnen und Wähler zur Wahl gehen und brav ihr Kreuzzeichen machen. Natürlich nur auf dem Stimmschein, nicht auf ihrer Stirne (so ganz verstohlen in der Wahlkabine). Pfui, wie kann man das nur annehmen? Mit solchen Sachen spaßt man nicht. Man muss an die Demokratie und deren Veränderungskraft glauben. Stellen sie sich vor, sie dürften gar nicht zur Wahl gehen. Unmöglich. Aber dann machen Sie es auch!

Aber was fasele ich da schon von der Wahl. Jetzt kommt erst einmal ein sicher zünftiger Wahlkampf von Herrn Diesch, so richtig befreit und sorgenlos, ohne Konkurrenz. Und die Bürger werden dem lauen Herbstwind lauschen, die fallenden Blätter vernehmen, die alles so schön farbig zudecken und Harmonie erwecken. Nichts sieht man mehr vom staubigen Gras darunter oder von gefallenen Kastanien. Ist ja auch schon vieles lange her, was so in Buchau gelaufen ist, die Erinnerung nur noch verschwommen wahrnehmbar. Oder kommt gar eine Abrechnung, ein Donnerwetter auf die destruktiven Kräfte? So ein Herbstgewitter mit Sturmböen, wie das von Herr Diesch im Gemeinderat bei der Stellenausschreibung schon kurz angedeutet wurde? Vielleicht hören wir aber auch gar nichts mehr. Schließlich ist die Wahl nun wirklich geheim. Und das wird vom Rathaus mit Stillschweigen quittiert.

Wenn man das alles so betrachtet, ist dennoch eine gewisse Spannung für die nächsten Wochen angebracht. Denn auch eine Person kann ganz nett Wirbel machen.

Auf jeden Fall verbürgt die gleiche Führungsperson im Rathaus auch eine kontinuierliche Politik. Ein Geschehen auf das man sich verlassen kann. Der Gemeinderat ist darauf bestens eingestellt, seine Erwartungen bei der Stellenausschreibung wurden erfüllt. Die Bürger sind’s gewohnt und stecken es gelassen weg. Also, was soll’s. Jeder bekommt das, was er wählt.

Aber „schau‘n mer mal“, was wir vorerst in allernächster Zeit weiter so alles vernehmen. Weitere Paukenschläge? Empfehlenswert ist gutes Zuhören. Bei Geschriebenem sagt man, zwischen den Zeilen lesen. Was soll ich mehr sagen?

Manches trägt erst nach Jahrzehnten die entsprechenden Früchte, wie die Erfolgsgeschichte der Moorheilbad Buchau eGmbH. 1951, das Thermalbad 1985. Unser Federsee hat 25 Jahre gebraucht, um zu seinen ursprünglichen natürlichen Zustand zurückzufinden. Weitere Beispiele und Gedanken, die mir bei meinen zahlreichen Gesprächen benannt worden sind: das Buchauer Schloß, das als Kinderheilstätte geschlossen wurde und heute erfolgreiche Klinik ist. Das Industriegebiet in Kappel, Umgehungsstraße, Flurbereinigung u.v.a. Vielleicht reiht sich in diese Erfolgsbilanz auch unser Götzburg Gelände – ja das ganze Quartier zwischen Spitalstr/Engel- und Judengasse, Schussenrieder-Str. – ein. Bei entsprechender Umnutzung könnte das ein weiterer Glücksfall für die Stadt werden. Das gleiche würde für ein Gymnasium zutreffen, für die Weiterentwicklung des Federseemuseums als Zentrum des Weltkulturerbes, eine neue Aufgabe für die Malzfabrik und und….Solche Attraktivität könnte auch beim Wohnungsbau neuen Schwung auslösen. Könnte, würde, sollte……ja, wenn……

Auch unter solchen Gesichtspunkten muss natürlich die Wahl betrachtet werden. Acht Jahre sind kurz und lang, je nachdem welche Weichenstellungen erfolgen, welche Zukunftsinitiativen und klare Zielstellungen eingeleitet und beharrlich verfolgt werden oder auch nicht. Aber Ideen braucht man erst und nicht nur im geheimen Winkel des Hinterkopfes, sondern als realistisch untermauertes, von den Bürgern mitgetragenes Entwicklungskonzept. Ein einseitiger Merkzettel (Agenda) ohne Substanz ist zu wenig.

Was gibt es da zu entschuldigen? Egal, was ich als BM tue oder sage, recht habe ich immer, auch wenn‘s nicht stimmt. Wenn ihr das nicht glaubt, ist es eure Schuld, nicht meine. Also erspart mir unnötigen Ärger. Die meisten Gemeinderäte haben das schon begriffen und der Bevölkerung werden wir das auch noch einhämmern. Nur so können wir die lästige Wahrheit in Bad Buchau besiegen.

Bei Stuttgart 21 wissen alle Parteien plötzlich, dass sie trotz des 15jährigen Planungsverfahrens die Bürger gar nicht „mitgenommen“ hätten und deswegen jetzt Unzufriedenheit, Frust und Enttäuschung in der Bevölkerung aufgekommen wäre. Das ist genau das, was wir hier in Buchau auch schon festgestellt haben. Am Bürger vorbei unter dem Tisch zu entscheiden, kaum kontrollierbar, ist ein schlechter, unwürdiger Stil. Vielleicht denken jetzt BM und Räte nach der Wahl einmal darüber nach, bevor auch bei uns eine Demonstration stattfindet. Allerdings bin ich bei unserer etwas schwermütigen Mentalität überzeugt, dass dies vor der nächsten Generation nicht der Fall sein wird. Also Zeit haben die auf dem Rathaus noch, bloß genügend Ärger und tiefe Enttäuschung hat sich schon jetzt aufgestaut. Mal sehen, ob dies bei der Wahl irgendwie zum Ausdruck gebracht wird. Nur schimpfen reicht halt nicht.

Im Fall Musikschulleiter M. Diesch versuchen Bürgermeister und Gemeinderat verzweifelt ihre Unzulänglichkeiten und Fehler durch abgestimmte Erklärungen zu übertuschen. Wenn 14 von 15 was Falsches behaupten, wird es nicht ehrlicher. Die Wahrheit lässt sich eben nicht vergewaltigen. Von Selbstkritik der begangenen Fehler nicht die geringste Spur. Also muss man auch in Zukunft mit sturem, uneinsichtigem Verhalten rechnen. Herzlichen Glückwunsch Bad Buchau.