Stadtstreicher – Kolumne 47

Glaubwürdigkeit, die Basis des Vertrauens.

Wenn nach der neuesten Meinungsumfrage nur noch 9 % der Menschen Politiker für glaubwürdig halten, gibt das schon zum Nachdenken. Noch schlimmer halte ich den Vertrauensverfall im letzten Jahr. Von 2010  14 % auf 2011  9 %, das sind 64 % innerhalb 365 Tagen. Nun, der Fall Gutenberg und Co, Japan, Griechenland, Benzinpreise, Atompolitik und vieles andere überaus Fragwürdige und Wankelmütige spielen dabei eine erhebliche Rolle.

Man fragt sich natürlich, wie kann man mit so wenig Vertrauen überhaupt noch regieren, die Bürger eines Staates demokratisch vertreten? Leben da nicht Volk und Staat mehr oder weniger nebeneinander her? Eine sehr gefährliche Entwicklung in die staatliche Autorität. Vertrauen, diesen ethischen Grundpfeiler zu verlieren, ist im Prinzip schon schlimm genug. Aber daraus nichts zu lernen und kaum Anstrengungen in der Politik zu unternehmen, dies besser zu machen, muss doch langfristig an den Abgrund führen. Die Grünen, können als „neu“ etablierte Partei, dabei noch am meisten Kapital schlagen. Wie lange noch? Deren Idealisten leiden auch unter Schwindsucht und deren Realos wehren sich vergeblich(?) gegen üble Sogströmungen im eigenen Land und Zwangsvorgaben der Weltpolitik. Natürlich ist das Regieren schwerer geworden. Die Verflechtungen sind wesentlich vielfältiger und unübersichtlicher. Die Verunsicherung durch die Globalisierung und der Kräfte, die daraus Kapital schlagen, wächst laufend. „Niemand ist eine Insel“ gilt nicht nur mehr für das Individuum sondern für ganze Staaten und Zusammenschlüsse.

Aber verlassen wir die schwer einschätzbare Weltpolitik. Es gibt natürlich auch noch genügend national eigenständige Spielräume der Innenpolitik. Aber hier sieht es eben ähnlich undurchsichtig aus. Wir zerstreiten und verzetteln uns in einem Wirrwarr von nationalen und regionalen, von wirtschaftlichen und kapitalen Lobbyismus. Im Getriebe unseres Staates knirscht es vernehmbar. Wo bleiben Reformen, die über kommunale oder höchsten noch regionale Interessen hinausgehen? Wie kann man bei Europa- oder Weltpolitik mitreden, ohne im eigenen Land die Grundstrukturen zu straffen und Verhältnisse, anderen Gegebenheiten anzupassen? Da stehen genügend Hausaufgaben dringend an. Gerade wir Deutschen sollten doch, aus dem engen Denken der Vielstaaterei unserer historischen Vergangenheit heraus, wirksamere Schlüsse ziehen können als andere. Wir lachen oder empören uns über die Gegebenheiten in Griechenland und in anderen Staaten. Zu Recht fühlen wir uns (noch) einige Etagen über diesen Zuständen angesiedelt. Aber wie hoch der Wasserstand bereits bei uns angekommen ist, wissen wir nicht genau. Was läuft bei uns schon alles im „Schwarzbereich“? Nein, nicht nur die Schwarzarbeit als solche! Wir sollten uns nicht länger in der Sonne der Deutschen Besserwisserei und des Hochmuts aalen.

Wenn ich nur daran denke, dass die Deutschen Banken und Versicherungen etwa mit griechischen Anleihen Jahrzehnte gute Geschäfte gemacht haben, jetzt aber, so schnell wie möglich, daraus auf Kosten des Steuerzahlers (Staatsbürgschaften) flüchten, um keine Verluste einzufahren, sagt das wieder einmal genügend. Dies scheint zum eingefahrenen Trott zu werden. Nicht das Deutsche Kapital ist in Gefahr, sondern das Sparbuch des Bürgers. Und immer ist der Steuerzahler der Dumme. Die verstärkte Umschichtung von Vermögen in Krisenzeiten von unten nach oben, drängt immer mehr Menschen, selbst den Mittelstand, in Existenznöte. Gewinne zu kapitalisieren und Verluste der Allgemeinheit aufzubürden ist ebenso gefährlich, wie dringend anstehende Reformen zu verzögern.

Eigentlich ist es schon komisch, wir kommunizieren immer mehr und verstehen uns immer weniger. Irgendwo verlieren wir uns oder wir reden aneinander vorbei. Vielleicht nehmen wir uns gegenseitig aber auch nicht mehr ganz für voll, was die fehlende Glaubwürdigkeit unterstreicht. Oder fehlt es uns an Weitsicht, getragen von schnöder Selbstsucht? Wenn man verunsichert ist, denkt man halt immer an sich zu- erst. Ein Naturgesetz. So sind, die immer mehr sich ausbreitende Verunsicherung und der Vertrauensverslust, die wachsenden Gefahren für unseren Staat. Sind wir denn tatsächlich so weit, dass Kapital- und Wirtschaftsinteressen die soziale Marktwirtschaft übernehmen und infolge dessen letztlich unsere Demokratie in der Breite und Tiefe von innen her aushöhlen?

Menschen, die nicht mehr zur Wahl gehen, haben auch eine demokratische Entscheidung getroffen. Es ist nicht nur mehr die Laschheit, immer öfter entsagt man sich den Gegebenheiten. Eine gewisse Resignation macht sich breit. Ich hoffe, die Nichtwähler erreichen nicht noch den Stand der Meinungsumfrage nach der Glaubwürdigkeit der Politiker. Wen würde es verwundern? Der Schritt ist nicht mehr all zu weit.