Düsseldorf: Amtsleiterin lädt 40000 Bootsflüchtlinge nach Deutschland ein

Die Aussagen wurden auch ins Arabische und Persische übersetzt.

In Interviews mit dem WDR spricht sich Düsseldorfs Migrations-Amtsleiterin, Miriam Koch, dafür aus, alle 40 000 Bootsflüchtlinge von den griechischen Inseln nach Deutschland zu holen – und noch weitere. Die Aussagen wurden auch ins Arabische und Persische übersetzt.

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.Foto: iStock

Miriam Koch, die Leiterin des Amtes für Migration und Integration in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf, beschwert sich über „Hass und Hetze“, die ihr entgegenschlügen. „Das Ausmaß der Beschimpfungen und der unsachlichen Kritik hängt bei mir immer vor allem davon ab, wie öffentlich ich unterwegs bin mit dem Thema Flüchtlinge“, meint sie im Gespräch mit der „Westdeutschen Zeitung“ (WZ) auch die Ursache für dieses Phänomen identifizieren zu können.

So hätten Häufigkeit und Intensität der Behelligungen zugenommen, seit sie jüngst im Umfeld einer Zusammenkunft der Grünen-Bundestagsfraktion in Berlin in der Bundespressekonferenz Statements zum Thema „Seenotrettung“ abgab: „Die Folge waren wieder Dutzende Mails und Anrufe mit dem Tenor: Nehmen Sie doch die Flüchtlinge bei sich zu Hause auf und so etwas.“

„Keine Überlastung für die Kommunen, die Aufnahmebereitschaft signalisiert haben“

Dennoch bleibt Koch entschlossen, dieses Thema weiterhin zu ihrem Schwerpunkt zu machen – und das auch über die Grenzen des deutschen Sprachraums hinaus zu kommunizieren. So weist die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel in einem Brief an den Vorsitzenden des Rundfunkrates, Andreas Meyer-Lauber, über den das Blog „Tichys Einblick“ berichtet, auf ein Interview hin, das Koch dem WDR gegeben habe – und das sich seither auch in persisch- oder arabischsprachigen Ländern weiter Verbreitung zu erfreuen scheint.

Das Praktische für die entsprechenden Muttersprachler ist dabei, dass WDR-Reporterin Isabel Schayani, die das Gespräch vom 16. Januar führt, Kochs Aussagen gleich ins Persische übersetzt. In dem Interview meint die Amtsleiterin, dass Deutschlands Kommunen problemlos in der Lage wären, noch deutlich mehr an „Seenot“-Flüchtlingen aufzunehmen, vor allem jene, die sich derzeit auf den griechischen Inseln aufhielten. Dies treffe insbesondere auf jene 120 Städte zu, die sich bereits dem Bündnis „Sichere Häfen“ angeschlossen hätten:

Tatsächlich könnte man die Seenotrettung sehr einfach in Deutschland verteilen. Und selbst die 40 000 Menschen aus den griechischen Lagern wären keine Überlastung für die Kommunen, die Aufnahmebereitschaft signalisiert haben.“

Im Fall eines Pull-Effekts „müssen wir uns dann damit beschäftigen“

Das müsse jedoch immer noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, meint Koch auf die Frage Schayanis, ob ein solches Signal Deutschlands nicht noch mehr Migranten auf die Inseln locken würde. Vielmehr sei in diesem Fall der nächste Schritt fällig: „Wir müssen die akute Krise im Mittelmeer beenden. Aber wir müssen natürlich Griechenland bei der Situation in den Lagern auf den Inseln helfen. Wenn nachher noch mehr Menschen kommen, müssen wir uns dann damit beschäftigen.“

In einem weiteren Interview, das ins Arabische übersetzt wurde, macht Koch noch einmal deutlich, dass sie es für möglich hält, buchstäblich alle Migranten, die aus „Seenot“ gerettet werden, in Deutschland aufzunehmen – und dass es genau diese Botschaft sein soll, die auch an die Betroffenen ausgesandt werden sollte: „Wenn sie hören, dass 130 Kommunen signalisiert haben, dass sie Menschen aufnehmen können, dann können rein theoretisch wirklich alle Menschen, die im Moment aus Seenot gerettet werden, in Deutschland aufgenommen werden.“

Die Verbreitungszahlen des Videos und der Umstand, dass ein erheblicher Teil der Kommentare in persischer bzw. arabischer Sprache verfasst ist, lässt erahnen, dass die Aussagen Kochs auf ein hohes Maß an Aufmerksamkeit auch jenseits der deutschen Landesgrenzen stoßen.

Stadtratsfraktionen wollen gegen „Hass und Hetze“ zusammenrücken

Im Düsseldorfer Stadtrat wollen die Fraktionen jedoch unter dem Eindruck von „Hass und Hetze“ ob ihrer ambitionierten Politik in der Frage der „Seenotrettung“ enger zusammenrücken. SPD, Grüne und FDP wollen in der nächsten Stadtratssitzung am Donnerstag (6.2.) einer Resolution der CDU zustimmen, wonach der Rat „jegliche Form von Beleidigung, Herabsetzung, Hass und Gewalt in Worten und Taten gegen Rettende, Helfende und Menschen mit öffentlichen Aufgaben“ verurteile.

Zudem soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, eine „öffentlichkeitswirksame Kampagne“ zu entwickeln, womit für mehr Respekt und Rücksichtnahme gegenüber besagtem Personenkreis geworben werden soll.

Von Reinhard Werner4. Februar 2020 Aktualisiert: 4. Februar 2020 15:56