Der Stadtstreicher Kolumne 7

über unangenehmes schweigt man gerne, das kann ich sogar als stadtstreicher nachvollziehen. vor allem gegenüber der öffentlichkeit und der presse kann man aus vielerlei gründen tabus entwickelt haben. aber in bad buchau, habe ich das gefühl, ist es noch etwas ausgeprägter. dem spüre ich natürlich besonders gerne nach. hab ja sonst nichts aufregendes. ob das mit den weitläufigen moorflächen zu tun hat? moor und nebel stehen einfach für geheimnisse und etwas verdüsterte gedankengänge. „schaurig ist’s übers moor zu gehen“ und prägend für mentalitäten der menschen.

spitzenreiter des geheimkartells ist unser rathaus, dies merkt man, wenn man „amfedersee.de“ liest, immer wieder. die stellvertreter/in des bürgermeisters und mindestens zuweilen auch der chef selbst, sind für die presse einfach nicht zu sprechen oder erst nach tagen, wenn man gute formulierungen oder plausible ausreden gefunden hat. aber am liebsten verweigern sie auskünfte und hüllen sich landschaftsgerecht in schweigen. selbst bei der doch so unabhängigen und neutralen berichterstattung der sz ist das der fall. nur das amtsblatt „federseejournal“ hat hier keine schwierigkeiten. dabei gelten im allgemein doch nur nachttiere als besonders scheu und vorsichtig. regiert wird doch am tage, frag ich mich natürlich verwundert. also müssen doch andere beweggründe vorhanden sein, das tageslicht zu meiden. bloß welche? oder sind es einfach taktische erwägungen, die für dämmerlicht sprechen? fragen über fragen. das moor aber gibt keine geheimnisse frei. so müssen wir uns halt damit abfinden oder noch einige zig jahre warten.

oder nein? da wird natürlich auch viel hinter „vorgehaltener hand“ erzählt und diskutiert, mit halbwahrheiten und gehörtem gehandelt – und vielleicht auch noch was dazu gedichtet. weil neu- und wissbegierig sind auch moormenschen. in ihrer einsamkeit vielleicht sogar noch verstärkt? und nichts ist interessanter, als versenkte geheimnisse dem moor zu entreißen. das ist die gegentaktik des schweigens und vergrabens. schließlich haben unsere vorfahren ja schon einiges aus dem moor herausgeholt.

aber wenn ich bei diesem thema schon bin, da verstärkt sich das gemunkel schon seit etlichen tagen, bei der generalversammlung des altertumvereins sei es zu einem eklat gekommen. stadt und vorstand des vereins seien sich nicht mehr grün, werfen sich alles mögliche vor die füße, sprechen von angestautem ärger, fehltritten und verstößen, vertragskündigungen. ja sogar von ämteraufgabe, rücktritten , verunsicherungen bei den beschäftigten und von abgelehnten anträgen ist die rede. da scheint ja einiges am sieden zu sein, oder hat es bereits den deckel runter geworfen? einer weiß das, ein anderer was anderes. aber das moor schweigt, wie immer. selbst die frösche. ob vielleicht seegras darüber wächst? vielleicht sind es auch nur die kochfeuer alter rentierjäger oder gar die rauchzeichen der indianer? im moor weiß man das nie genau, was solche zeichen zu bedeuten haben. man muss halt das schlimmste annehmen, weil so mancher sich tatsächlich schon verlaufen hat und einfach verlorenging. manchmal waren auch schon verdiente persönlichkeiten dabei.

weil es am rande des moores so unheimlich interessant ist, habe ich als stadtstreicher mein quartier hier aufgestellt und gedenke noch einige zeit zu bleiben. mehr spannende unterhaltung findet man nicht so schnell wieder. das ist für einen mittellosen doch schon sehr viel und sehr kurzweilig – ohne rundfunkgebühren und kosten für tagespresse. auf langweilige serien kann man da gut verzichten, wenn man so viel abwechslung hat.

„herrlich ist’s übers moor zu gehen!“

bis bald euer stadtstreicher