CDU/ FDP- Der Stadtstreicher Kolumne No. 39

CDU und FDP haben die Glaubwürdigkeitsprüfung nicht bestanden

Die beiden Artikel, die in der SZ. am 26. März 2011 erschienen sind (siehe auch amfedersee.de), zeigen für mich Grundlegendes auf. Altbundeskanzler Kohl sagt aus, was Mappus, Merkel und der Atomkern der CDU tatsächlich nüchtern denken: „ In Deutschland hätte sich durch den Gau erst einmal und unmittelbar gar nichts verändert. Die Kernenergienutzung in Deutschland ist durch das Unglück in Japan nicht gefährlicher geworden als sie es vorher gewesen ist.“ Japan hat also nicht ausgereicht, einen wirklich glaubhaften Glaubenswechsel in der Atompolitik nach zu vollziehen. Kosmetik reicht einfach nicht aus. Diese Herrschaften sehen nicht ein, dass die Gefahren greifbarer geworden sind, restliche Ungewissheit zur Gewissheit gereift ist, letzte Hoffnungen auf Machbarkeiten zerstoben sind. Die dortigen Ereignisse haben alle technischen Berechnungsannahmen vom Tisch gefegt. Menschliches Fehlverhalten beim Betrieb und der Unterhaltung der Atommeiler sind nicht gerade selten. Gott sei Dank, meist mit gutem Ausgang aber auch ohne Zukunftsgarantie. Aber neben Tschernobyl zeigt Japan einmal mehr, Risiken bei dieser gefährlichen Technik sind letztlich nicht beherrschbar. „Das Leben ist ohne Risiken nicht zu haben“. Richtig, Herr Kohl und Anhänger. Bloß die Risiken der Atomenergie sind so gewaltig, dass man sie Naturkräften gleichstellen muss. Bei Naturgewalten ist der Mensch völlig machtlos. Naturereignisse entziehen sich auch allen Wirtschaftsbilanzen. Hier geht es um ganz andere Zeiträume und Konstellationen. Sollen wir uns auch noch selbst erzeugter Machtlosigkeit ausliefern? Reichen die Gefahren der Natur nicht? Niemand würde nach Deutschland gefährliche Vulkane versetzen wollen. Aber gerade das, haben wir mit der Atomkraft ins Land geholt. Jeder Meiler ein Vulkan. Andere Länder auch! Bloß Deutschland ist ein überaus dicht besiedeltes Land. Deshalb drückt uns dieser Schuh stärker als andere Staaten. Japan wird uns noch vor Augen führen, was das heißt. Das Ende ist ja noch nicht absehbar. Die dortigen Strahlen werden uns noch gehörig in die „Knochen“ fahren. Das Wahlergebnis in Baden-Württemberg ist nur das Hauptbeben, weitere Nachbeben werden folgen. Der zweite Artikel aus der Tageszeitung „Der Standard“ bestätigt die Gegebenheiten. Die Regierung in Stuttgart und Berlin ist nicht um die Sicherheit des Volkes besorgt, sondern nur um die Erhaltung ihrer Regierungsmacht. Um dies zu erreichen, wird mit allen verfügbaren Mitteln getäuscht und gebogen. Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit werden zu lästigen Lappalien abgestempelt. Wer dem Wahlvolk solche Ohrfeigen verpasst, gehört bestraft. Aber Ehrlichkeit und Verlässlichkeit bei den Politikern stehen ja nicht nur bei der Atomkraft auf dem Prüfstand, wenn auch nicht in dieser Deutlichkeit. Das Ergebnis der Wahl hat diesen Sehnsüchten des Bürgers eine Stimme verliehen.

Überaus interessant ist, dass trotz des Regierungswechsels die CDU nach wie vor überwiegend viele Wahlkreise direkt gewonnen hat. Das zeugt von persönlichem Urvertrauen der „eingesessenen“ Wähler in ihre Abgeordneten. Hier kommt Bodenständigkeit und Nüchternheit zum Ausdruck. Man bewegt sich nur sehr bedächtig und misstrauisch. Überzeugungen werden nicht so schnell über Bord geworfen. Berechenbarkeit zeichnet dieses Land aus. Kein Wunder, dass man von einem „Erdrutsch“ spricht. Trotzdem in den Tiefen dieses schwarzen Erdteils brodelt es. Alles kann Tradition eben nicht überdecken. Etwas Hochdeutsch wird auch hier gesprochen und verstanden. Aber nur Widerwillig und gegen heftigen Widerstand hat sich das Wahlwunder vollzogen. Überzeugt ist man davon aber noch lange nicht. Da müssen die neuen Machthaber in Stuttgart noch sehr viel „Energie“ in ihrer Amtszeit nachlegen, um einen Umbruch zu bewerkstelligen. Eine überaus harte und zehrende Aufgabe. Dank Japan, Selbstherrlichkeit von Mappus und dem Abstürzen der FDP ist zunächst nur ein vager Anfang gesetzt, der dem Kalkül der Baden-Württemberger eigentlich entgegensteht. Aber jede Krise birgt eine Chance in sich. Ein Neuanfang kann auch ein Geschenk sein.

Noch „verwurzelter“ als die Baden-Württemberger sind die Buchauer. Die „große“ Politik scheint sich im Federseemoor zu filtern und nur tröpfchenweise durchzusickern. Nicht nur das Geschehen in Japan ist weit weg und uninteressant, auch manch andere Überzeugungen bzw. Konsequenz, die bei der Wahl eine Rolle gespielt haben, sind bei uns kaum registriert worden. Zwar ist die Wahlbeteiligung von (2006 46,7 %, 2011 56,5%) auch um 10 % angestiegen, aber nach wie vor ist es nahezu das schlechteste Ergebnis im Landkreis (65,3 %). Entgegen dem Landestrend (in Prozent) hat sich die CDU halbwegs gehalten, die SPD hat gewonnen, die Grünen verloren, die FDP hat eingebüßt, aber weniger als im Land. Also alle Wahlergebnisse der Parteien zeigen bei uns ein gewisses Eigenleben auf. Warum auch nicht. Das kann durchaus am Federseenebel liegen, bei dem scharfe Konturen etwas langsamer auszumachen sind. Aber stören tut mich generell das Desinteresse an Wahlen und an demokratischen Prozessen allgemein in unserer Stadt. Wer das Leben gestalten will, muss sich darauf einlassen. Vielleicht wird die Anteilnahme am politischen Geschehen grösser, wenn wir wieder einmal zum Wasen stechen ins Moor aufbrechen müssen.