Stadtstreicher Kolumne Nr. 54 ist da.

Ja, der Fall des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach, CDU, der Anführer der Rebellen beim Euro-Rettungsschirm, zeigt wieder einmal mehr auf, wie schwer es Andersdenkende mit Rückgrat haben, Positionen zu vertreten, die von der Mehrheit abweichen. Das bringt nur Ärger und wenig Würde ein. Da muss man schon ein ganz gutes Gewissen und eine standhafte Überzeugung haben, um den Druck aushalten zu können. Die Mehrheit, die Masse schützt den Schwächling und ist der Feind des Starken. Um so einen Abweichler weich zu machen, scheut man sich auch nicht vor Druck und Unterstellung oder gar Wutausbrüchen, sprich Einschüchterungen aller Art. In der hohen Politik berichtet wenigstens noch die Presse über solche Machenschaften. Auf kommunaler Ebene fällt auch das weitgehend weg oder wird mit aufgeblasener Entrüstung und persönlichen Konsequenzen quittiert. Mir Stadtstreicher kommen da einige Beispiele aus jüngster Buchauer Vergangenheit in den Sinn. Die Sachverhalte sind zwar kaum vergleichbar aber die Taktik ist immer dieselbe. Und das Verhalten der Betroffenen auch. Geht es Ihnen auch so? Dann gehören sie zu den kritisch toleranten Bürgern dieser Stadt.

Im gleichen Zusammenhang war ich nochmals geschockt. Das heißt eigentlich nicht, weil vermutet habe ich es. Hat doch eine Umfrage ergeben, dass verschiedene Abgeordnete mehr oder weniger nicht einmal die Problematik des Euro-Rettungsschirmes erkannt haben. Also einfach so abgestimmt haben, wie es ihnen von oben vorgegeben wurde, ohne selbst die geringste Anstrengung einer eigenen Meinungsbildung zu versuchen. Das sind die berühmten Mitläufer, die, wenn man ihnen auf den Zahn fühlt, letztlich gar nichts wissen. Die Dauerkopfnicker eben. Sie sind niemals unbeliebt, weil man sie kaum bemerkt oder charakterlos dahinsiechen. Aber auch hier sind solche Typen nicht nur in Berlin zu finden.

Natürlich wird man heute als Volksvertreter jeglicher Höhenstufe immer noch mehr mit Papier eingedeckt. So sehr, dass man, wenn man den Packen vor sich hat, sich schon bekreuzigt. Soll man das Couvert überhaupt öffnen? Alles Lesen unmöglich, also überfliegen oder das berühmte querlesen? Die Verwaltungen, die neutral knapp und bündig den Sachverhalt darlegen und die verschiedenen Ermessenspielräume unvoreingenommen konsequent aufzeigen, werden immer seltener. Dazu gehört nämlich eine gehörige Portion Neutralität und Verantwortungsbewusstsein. Beides findet man immer seltener. Also überdeckt man dieses Defizit mit Masse anstatt Inhalt.

Das jüngste hiesige Beispiel unnötigen Papierverbrauchs hat die TGO in der letzten Gemeinderatssitzung geliefert. Mit einer dicken Broschüre, gespickt mit englischen Fachausdrücken, haben die Vertreter versucht, die Gemeinderäte zu überzeugen, dass diese letztes Jahr mit dem Austritt Bad Buchaus aus der Touristikgemeinschaft Oberschwaben einen Riesenfehler begangen hätten. Weil der Bürgermeister als Fremdenverkehrsfachmann dies damals natürlich absolut anders sah, quittierte er mit der sinngemäßen Aussage: Der Austritt sei nur eine

vorübergehende Episode, eben ein Signal, gewesen. Diplomatisch und anpassungsfähig wie immer. Natürlich kehrte man reumütig in den „ veränderten Schoß“ der TGO zurück. Allerdings habe ich meinen Zweifel, ob das so überzeugend war, wie es die Abstimmung ergab? Aber bei so einer monströsen Broschüre mit neuen Konzeptionen und aufgezeigten Veränderungsideen, die jeder eingehend studiert hatte, ist das wohl keine Frage mehr. Auch ist es ja keine Schande, Fehler zuzugeben und zu berichtigen. Für Buchau sowieso eine besondere Ausnahme. Also bitte Respekt für diese Entscheidung.

Wenn mein Gefühl mich nicht ganz täuscht, wird es in den nächsten Monaten auch gewisse Berichtigungen bei der neu eingeführten Parkplatzgebühr beim Federseemuseum geben. Der Druck wächst. Die Episode zeigt Auswirkungen. Der Stadtstreicher berichtete darüber schon sehr kritisch. Vielleicht war der Beschluss auch bloß ein nachdrückliches Signal für unsere treuen Gäste?

Also dann, auf geht’s nach den verlängerten Sommerferien. Aber passen sie auf Signale und Episoden oder gar Warnschüsse auf, die überall schlummern können, aber erst spät erkannt werden.