Stadtstreicher – Kolumne Nr. 36

Allerlei und bißele Fasnet von Bad Buchau

Zwischenzeitlich ist es wohl als endgültig anzusehen. Der Polizeiposten Bad Buchau wird im Sommer 2011 aufgelöst. Die Polizei selbst und die Polzeigewerkschaft sehen sich erheblichen Arbeitsüberlastungsdruck ausgesetzt. Für eine Kurstadt wie Bad Buchau ist der Verlust des Postens ein Aderlass. Es fehlt eben eine weitere bewährte öffentliche Einrichtung. Alles wird anonymer und damit auch bürokratischer. Ob die Aufklärung von Straftaten erleichtert wird, wird der Bürger nicht ohne weiteres erfahren. Das waren halt noch Zeiten, als der Dorfpolizist mit seinem Dienstfahrrad für die Sicherheit und Ordnung im Ort verantwortlich war. Zwar erzählt man sich von damals noch so manche Schmunzelgeschichte, aber diese menschliche Seite hatte auch sehr viele Vorteile. Der Polizist gehörte wie der Lehrer, Pfarrer und der Schultes zum Dorfbild. So ist mir eine abwertende Berufsbezeichnung aus dieser Ära jedenfalls nicht bekannt. Solche Ausdrücke kamen erst später in das Vokabular. Die heutige Konfrontation mit der Polizeigewalt bei Demonstrationen/ Veranstaltungen und Aufmärschen jeglicher Art ist da meist sehr unpersönlich. Die Funktionstüchtigkeit der Ordnungsmacht wird nicht nur bei solchen Einsätzen auf ganz andere Weise demonstriert. Der Polizist als Mitbürger (Freund und Helfer) verliert immer mehr sein Gesicht und wird durch den anonymen „Mannschaftsapparat“ ersetzt. Damit bilden sich „Fronten“, die m.E. unserer Gesellschaft aber auch dem Staat nicht unbedingt entgegenkommen. Keiner wird bestreiten, dass Anpassungen wie Konzentration und Spezialisierungen notwendig sind, aber ob allein dadurch die gewünschte Effektivität erreicht werden kann? Unter anderem auch wegen der Polizeientfremdung, verliert für mich der Staat immer mehr sein „personifiziertes Erscheinungsbild“. Das ist sehr bedauerlich.

Ebenfalls zu bedauern ist die Aufgabe der Geschäftssteller der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Bad Buchau. Diese war bis Jahresende in den Räumen der Kreissparkasse untergebracht. Auch diese öffentliche Stelle war schon Jahrzehnte in Bad Buchau vertreten. In letzter Zeit allerdings nur noch sehr sparsam besetzt. Offiziell hört man davon nichts. Das Rathaus schweigt. Kein Nachruf! All das sind Einrichtungen, die in ein Unterzentrum wie Bad Buchau gehören und beim Wegfall diese Funktionsbasis immer mehr aushöhlen. Bedauerliche Auflösungs-erscheinungen. Ich muss es nochmals anführen. Mit der Verpachtung des Alten- und Pflegeheimes hat die Stadt eine eigene Einrichtung „entfremdet“. Wie kann man da argumentativ anderen Stellen Vorwürfe machen, sich aus Bad Buchau zurückzuziehen?

Zu allem Überfluss auch das noch. Der neu angetretene Hauptamtsleiter Stefan Hohl verlässt Bad Buchau nach ein paar Wochen wieder und geht zum Landratsamt Biberach zurück. Hohl lebt seit Geburt in der Stadt und absolvierte auch Teile seiner Ausbildung auf dem Rathaus. Er war 18 Monate Gemeinderat. Also alles andere als ortsfremd ! Ich nehme an, dass er als reger hiesiger Bürger und Fachmann des gehobenen Verwaltungsdienstes seine neue Arbeitsstelle damit bestens beurteilen und einschätzen konnte und dass er sich nicht leichtsinnig oder gar zum Spaß hier beworben hat. Er sah wohl ernstlich im Rathaus eine persönliche Zukunftschance. Daher muss die Frage schon erlaubt sein, was ist oder wo liegt der Grund, sich so kurzfristig und entschlossen umzuorientieren? Es kann ja nur eine wohl überraschende als auch grobe Fehleinschätzung gewesen sein. Bloß welche Fehleinschätzungen ? Zudem hat er mit diesem Manöver sein Gemeinderatsmandat verloren. Man enttäuscht doch seine Wähler nicht vorsätzlich oder absichtlich. So hat er sich das sicher nicht vorgestellt. Es ist kaum zu erwarten, dass man die wirklichen Gründe dieser persönlichen Konsequenz in der Öffentlichkeit je ganz erfahren wird. Es müssen aber gewichtige Gegebenheiten gewesen sein. Schade, dass ein so fähiger Mann im besten Alter hier in seiner vertrauten Heimat keine Wurzeln schlagen konnte. Beim Landratsamt wird er wieder, ob seiner Fähigkeiten, mit offenen Armen aufgenommen. Also dann, mit den ernüchternden Erfahrungen aus Bad Buchau, alles Gute für die Zukunft Stefan Hohl. Das wiederholte Schweigen des Rathauses bei prekären Fällen ist auch eine Stellungnahme.

Die freie Jugendarbeit in Bad Buchau, ein Dauerbrenner. Eigenartig, dass man nie etwas Negatives aus den Seegemeinden hört. Kommen bei uns im Jugendzentrum alle Jugendlichen zusammen, die „auf den Putz“ hauen wollen, ohne möglichst wenig Eigenverantwortung zu übernehmen? Oder stimmen die Buchauer Rezepte nicht? Oder fehlt es an fachlich begleiteter Anleitung und einfühlsamer Zusammenarbeit? Dabei möchte ich das teilweise Unvermögen der Buchauer Jugendlichen nicht entschuldigen. Vielleicht sind die wenigen Jugendlichen, die Verantwortung übernehmen wollen, auch mangels Unterstützung von außen und Stress aus den eigenen Reihen, einfach überfordert? Nun, jetzt hat man mit dem „Arbeitskreis Jugend „ ein offizielles Podium sich eingehend damit zu befassen. Hoffentlich auch entsprechende Konsequenzen zu finden. Sicher eine brennende und mühevolle Hauptaufgabe. Wie heißt es in der Politik? Solange man miteinander spricht, fallen keine Bomben. Damit müssten sich die Zustände auf jeden Fall verbessern.

Ansonsten gibt es ja im Gemeinderat viele Anfragen, Wünsche und Anliegen. Auch Zusagen der Verwaltung die Zustände zu überprüfen oder zu beseitigen. Wer aber kontrolliert die Einhaltung dieser Zusagen? Vieles davon bleibt eine ad hoc Angelegenheit. Einmal angesprochen, dann von allen Beteiligten schnell wieder vergessen. Schnee von gestern, von anderen Problemen überlagert. Am Schluß der „allein gelassene“ Bürger. Kleinkram , der allerdings immer mehr zum Ärgernis wird.

Dass Leben und Tod eine Einheit bilden weiß ein Jeder. Manchmal liegen die beiden Abschnitte enger beieinander als wir es glauben wollen, bzw. fassen können. Das wird auch in der SZ vom 25. Februar 2011 demonstriert. Unter dem groß aufgemachten Wildwest-Fasnetsbericht des Frauenbundes steht der breite Artikel über die geplante Urnenwand im Bad Buchauer Friedhof. Warum soll man dieser Realität auch nicht in der SZ. Rechnung tragen? Der Frauenbundball gehört schon einige Jahrzehnte zu den besten Veranstaltungen der Stadt. Ausgelassene Heiterkeit, Humor und Witz mit viel Charme vorgetragen, ist ein Prädikat der Frauen. Der Ball selbst ist wesentlich beschwingter, als der doch sachliche Bericht erahnen lässt. Der Gedankensprung von der Fasnet zum Friedhof wird durch den Satz von Ordnungsamtsleiter Norbert Moll wesentlich erleichtert, der „einen wirklich schnuckeligen Platz“ auf dem Friedhofsgelände entdeckt hat. Schon richtig verstanden, nicht in der Sektbar des Frauenbundes, was auf den ersten Blick jedem wesentlich verständlicher wäre. Alle, die den Amtsleiter persönlich näher kennen, wissen, dass dieser für einen Scherz immer zu haben ist. Zweifelsohne hat er damit das ‚“Wort zur Fasnet“ gesprochen. Mindestens einen Orden „gegen den tierischen Ernst“ sollte man ihm schon verleihen. Nun so schnuckelig dieses Plätzchen auf dem Friedhof auch sein mag, es ist halt ein bisschen klein für 175 Urnen oder besser gesagt für die trauernden Angehörigen, die noch nicht eingeäschert sind. Auch gibt es überhaupt keinen Platz an der Urnenwand für ein austauschbares persönliches Merkmal der Erinnerung. Das hat man selbst in Italien. Dort habe ich schon eine 25 Stockwerke umfassende Urnenwand mit einer mindestens 5 Meter hohen, fest angebrachten schiebbaren Leiter angetroffen. Aber jeder Urne war in diesem Totenhochhaus wenigstens ein Blumen- bzw. Kranzhalter zugeordnet, an dem man sein persönliches Andenken an den Grabbesuch ablegen konnte. Ich finde das sehr wichtig für die Angehörigen zur Trauerbewältigung. Sonst kann man ja gleich das „unbekannte“ Urnensammelgrab im oberen Teil des neuen Friedhofs wählen. Der ist zwar nicht schnuckelig, aber dafür sehr naturverbunden gelegen. So klein ist unser Friedhof nun auch wieder nicht, dass man sich beim letzten Ruheplatz zu „Tode“ sparen muss.

Also passieren tut in Bad Buchau auch in der Fasnet genug. Aber es ist gut, wenn man in der 5. Jahreszeit dies mit garantierter Glückseligkeit erleben kann. Wo bekommt man heute sonst noch Garantien? Gut , wenn man was kauft oder einen Handwerker benötigt. Vielleicht auch noch am Stammtisch. Da weiß jeder alles ganz genau, was richtig ist. Je später die Stunde, umso weniger sind Zweifel angebracht. Aber sonst? Viele Überraschungen ja, aber immer weniger Beständiges (Garantiertes).