Eine heitere Gegenwartsbetrachtung

Maria und Josef waren schon ne‘ ganze Weile verlobt, da sagte Maria eines Tages: „Du, Josef, ich weiß ja auch nicht wieso, aber ich glaube ich bin schwanger; was machen wir denn jetzt?“ Das war so im Juni. „Junge, Junge, das is’n Ding“, dachte Josef, „mit wem hat die sich denn hinter meinem Rücken eingelassen? Da werd ich mich doch sofort entloben. Eigentlich schade!“ Weil es aber schon so spät war und ich die ganze Sache ganz schön mitgenommen hatte, sagte er sich: „Okay, ich entlobe mich erst morgen“, und legte sich erstmal ins Bett.
Was’n Glück, denn genau in der Nacht erschien ihm ein Engel. Der stand vor seinem Bett, schimmerte und sagte: „Also Josef, alter Junge, ich bin der Engel des Herrn und die Sache mit deiner Braut geht in Ordnung. Das war kein Hausfreund sondern der Heilige Geist persönlich und der Sohn, der da rauskommt, ist tierisch wichtig, damit das Volk und überhaupt die Welt endlich mal von den ganzen Sünden erlöst wird. Das muß ja auch mal sein – also heirate die Maria und nennt das Kind Jesus. Alles klar? Okay, tschüß.“ Und damit schwebte der Engel wieder los. Josef war platt, aber er machte, was der Engel gesagt hatte, und alles lief normal weiter, bis eines Tages der König, so Anfang Dezember, auf die Idee mit der Volkszählung kam. Da mußte sich also jeder in seinem Geburtsort melden und weil Josef aus Nazareth war, mußten sie dahin, obwohl das ne ganze Ecke zu laufen war. „Scheißbürokraten“, schimpfte Josef, „mit uns können die es ja machen! Also los, Maria, es hilft nix, pack die Koffer!“ Am 24. Dezember war’s dann soweit. Maria merkte, daß sie wohl heute das Kind kriegen würde, und Josef rannte sich den Arsch ab, um in dem überfüllten Bethlehem ne Bleibe aufzutreiben. Aber für eine Hotel langte die Kohle nicht, Krankenhäuser gab’s keine und die billigen Gasthäuser waren rappelvoll. Es war tierisch kalt und bis zum Abend hatte er nichts weiter gefunden als einen Stall, den ihm ein Bauer angeboten hatte, der sich dachte: „Naja, für die Ausländer geht das schon, die können ruhig zu den Eseln und Kühen die sind sowieso nix besseres gewohnt…..“
„Scheißkalt ist das heute“, sagte gerade ein Hirte zu seinen Kollegen, mit denen er draußen auf dem Feld ums Feuer saß und auf die Schafe aufpaßte, als ihnen dieser komische Stern auffiel. Auch seine Kumpels hatten so ein Ding noch nie gesehen. Riesengroß mit einem mordslangen Kometenschweif hintendran. „Das ist ja ein Hammer, wenn das nix zu sagen hat?!“, meinten die Hirten noch, als es auf einmal unheimlich hell wurde und dieser Engel (derselbe, der im Juni Josef besucht hatte) erschien. Gleich mit Riesenorchestern und mit Chor und mit allem Drum und Dran. Die Hirten waren völlig von den Socken, aber da sagte der Engel schon: „Jungs, keine Angst. Ich hab’ne göttliche Nachricht für euch“ (und der Chor sang im Hintergrund immer mit) ihr wolltet doch schon immer einen Erlöser, so einen richtig guten Typen, der für alles zuständig ist, euch die Sünden abnimmt, einen der vom Himmel kommt und hier mal endlich Frieden schafft, den euch die Könige immer nur versprechen, wenn sie sich gerade selbst ernennen, stimmt’s? – Seht ihr, jetzt habt ihr einen . G’rade ist er geboren worden: Er ist noch ziemlich klein und liegt in einem Futtertrog in einem Stall, aber das ist der, auf den ihr immer gewartet habt. Jesus heißt er! Laßt eure Schafe mal für ne Stunde alleine und geht hin zum gratulieren.“ Damit verschwand der Engel mit dem Chor und er ganzen Lightshow und die Hirten gingen los, um das Kind zu suchen. Als sie in dem Stall ankamen, lag das Kind wirklich im Futtertrog und sie gratulierten Maria und Josef und freuten sich alle und es war ein ziemliches Gedränge und eine Riesenstimmung in dem Stall.
Und heute (2009) schiebt Jesus mit inzwischen verheilten Händen und Füßen die Wolken beiseite und guckt sich den kranken Weihnachtszirkus hier an und denkt: „Diese traurigen, scheinheiligen Christen, lamettabehangene Alibi-Abholer einmal im Jahr! Wie soll ich das bloß wieder unserem Vater klarmachen??????????“

Text...  Udo Lindenberg.

12 thoughts on “Eine heitere Gegenwartsbetrachtung

  1. Endlich mal eine Weihnachtsgeschichte, die einerseits zum Schmunzeln ist, und dennoch alles viel realistischer darstellt, so wie es heut sein könnte.
    Passt bestens!
    Bei der Gelegenheit die besten Weihnachtswünsche nach Bad Buchau, und alles Gute im Neuen Jahr 2010 !!

  2. Hallo Heinz,

    was soll der Artikel in der Schwäbischen Zeitung, dass der Gemeinderat einstimmig festgestellt habe, dass BM Diesch schuldlos sei

    Ich verstehe das nicht, da ich nicht glaube, dass du dafür gestimmt haben könntest.
    Was wird eigentlich hier in Bad Buchau immer so gemauschelt?
    Warum soll es keine Entschuldigung gegenüber der Opfer geben?

  3. Ich hab mich ja noch nicht dazu geäußert seit der Veröffentlichung des ersten Artikels in der SZ vom 24.11.09 wie du siehst. Leider noch einer von den Artikeln der zu nichts führt , außer offene Fragen, Verwirrungen und Kopf schütteln.

    1. Zivilcourage: In der Weihnachtsansprache von Bundespräsident Horst Köhler hörte man ernste Worte zum Thema nachhaltigkeit für Politiker, und ein deutliches Bitten an alle Bürger für mehr Zivilcourage. Gilt auch für Bad Buchau, wir gehören doch zur BRD.

  4. hallo Heinz,

    wie Bekannter wundere ich mich über den sz-Artikel. Alle (!) haben zugestimmt – also auch diejenigen, die erst Stimmung auf ihrer homepage gemacht haben… Also fuehrt der Artikel doch zu etwas.

  5. Das stimmt, der Bürgermeister wurde am 16.11.09 von mir persönlich unter vier Augen in seinem Büro informiert, nachdem amfedersee.de von der betroffenen Familie über den Sachverhalt schriftlich informiert wurde mit der Bitte dies zu veröffentlichen.Veröffentlicht wurde erst am 23.11.09 in amfedersee.de- Dass die „Suspendierung“ am 8. Dezember vom gesamten Gemeinderat beschlossen wurde (Aussage Diesch in der SZ vom 22. Dez. 09) ist doch o.k. so. Beurlaubung des Täter. Der Rest was interessiert ist in nicht öffentlich gewandelt worden, somit wurde per Kraft und Gesetz des Gemeinderates, für weitere Aufklärung die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

  6. Zivilcourage sagt:

    Zivilcourage ist in Bad Buchau nicht sehr gefragt, wenn denn dann endlich mal jemand wagt den Mund aufzumachen, sich nicht einschüchtern zu lassen, dann ist gewiss, dass einem jede Menge Steine in den Weg gelegt werden!
    Die Stadt Bad Buchau sorgt erneut mit ihrem neusten Artikel in der SZ für Verwirrung, anstatt endlich mal Transparenz und Klarheit zu schaffen. Stellung zu beziehen und sich klar von der Tat des Musikschulleiters zu distanzieren!
    Dies ist auch im SZ Artikel nicht geschehen, geschweige denn eine Entschuldigung der Stadt, bzw. des Bürgermeisters gegenüber den Opfern (das sind inzwischen mehrere Frauen!!!!) Im Gegenteil, der Bürgermeister sieht sich überhaupt nicht in der Verantwortung, eine Entschuldigung auszusprechen, das finde ich sehr ignorant!

    Bedeutungen des Wortes Zivilcourage:

    [1] ursprünglich: der Mut von Bürgern, gegenüber nicht-zivilen Autoritäten wie Polizei und Militär selbstbewusst aufzutreten
    [2] heute: das Auftreten gegen eine herrschende Meinung, mit dem der Einzelne, ohne Rücksicht auf sich selbst, soziale Werte oder die Werte der Allgemeinheit vertritt

    Ich finde diese Definition sehr passend, denn Herr Weiss

    macht das sehr gut, weiter so!

  7. So wie ich das jetzt so verfolgt habe die letzten Wochen und Monate zählt in der schönen schwäbischen Kleinstadt eben nur das was zu der blütenweissen reinen Fassade paßt. So nach dem Motto: Zivilcourage bitte nur dann wenn unsere reinen Westen sauber bleiben! Und auch wenn man als BM oder einer der Gemeinderäte im Licht der Öffentlichkeit steht und zweifellos eine Vorbildfunktion vertritt, welche der Gemeinde die Richtung weisen sollte heißt hier das typisch schwäbische Motto: Do sag i lieber nix, noch komme au in nix nei!
    Herr Weiss, gut dass sie anders sind!

  8. Was im Laufe der Zeit im Fall des Musikschulleiters so zwischen den Zeilen der verschiedenen Darstellungen und Kommentare immer mehr ans Licht der Öffentlichkeit dringt, ist schon starker Tabak. Da war beispielsweise lange gar nichts von der Befangenheit des Bürgermeisters zu merken und jetzt plötzlich verbarrikadiert er sich in seiner Verteidigungsnot hinter diesem Begriff, als wenn er mit der Fallbearbeitung überhaupt nichts zu tun gehabt hätte. Taktik oder Würfelspiel ? Von all den anderen angedeuteten „geheim gelenkten“ Begleiterscheinungen, die sich hinter der Rathausfassade abspielt haben sollen, mal abgesehen. „Linientreue oder Rücktrittsverlangen“ eines gewählten
    Volksvertreters, scheinen da nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Also Solidarität um jeden Preis, bis zur Vertrauensblindheit? Leben wir schon noch in Oberschwaben, oder halten wir uns in Siziliens Maffiawinkel auf? Ich vermute fast, Herr Weiss hätte ausreichend Stoff, einen spannenden Polit-Triller für die Buchauer Wähler zu verarbeiten. Für die ersten Monate seiner Gemeinderatszeit sind dies doch recht einprägsame Erfahrungen…

    1. Das wäre zumindest mal eine Überlegung wert, gegebenenfalls sogar in Zusammenarbeit mit Zeitzeugen.Veröffentlichungswürdig allemal, so was könnte ein Bestseller werden. Schau mer mal.

  9. Ich habe noch eine Frage zu dem Artikel in der SZ vom 31.12.09:
    Zitat:“Einen nicht öffentlichen Strafbefehl öffentlich zu machen, das sei nicht Aufgabe eines Gemeinderats, sagte Bürgermeister Diesch dazu.“
    Ich dachte, dass der Musikschulleiter verurteilt wurde und jedes Urteil öffentlich ist. Gibt es nichtöffentliche Strafbefehle? Wie kommt denn nun Herr BM Diesch zu so einer Aussage????
    Was will er damit bewirken? Hilft mir jemand zu meinem Verständnis?

Comments are closed.