Die Waldseer Innenstadt schwächelt

Leerstände beeinflussen das Stadtbild – Weitere Geschäftsaufgaben in der Wurzacher Straße.  Die Waldseer Innenstadt schwächelt (Foto: Christina Schaffelke)

Von Christina Schaffelke

Bad Waldsee Im „Küchenfundus“: Räumungsverkauf. Der ehemalige „T-Partner“ in der Wurzacher Straße: dichtgemacht. Das Warenangebot in Bad Waldsee bröckelt. Längst sind es nicht mehr allein die Randbezirke, die sich durch leerstehende Geschäfte auszeichnen.

Die Frage aber: Sind diese Geschäfte nur vorübergehend verwaist oder sind leerstehende Ladenlokale prägend? Auf Spurensuche: Das Wurzacher Tor passiert, begegnet dem Stadtbummler gleich auf der linken Seite der Wurzacher Straße zwischen „Elektro Merk“ und „Foto Göckel“ die erste blanke Schaufensterfront: Ein Segelschiffmodell als einzige Dekoration vermag den Blick auf die sich dahinter stapelnden Umzugskisten und den Kruscht nicht abzulenken. Kurz danach hängt im Schaufenster eines leer stehenden Geschäfts ein „Zu-Vermieten“-Schild. Sperrmüll oder Antiquitätensammlung?

Diese Frage ist auch beim Blick in ein leeren Laden in der Ravensburger Straße, Ecke Hasengasse berechtigt. Hier lehnen Skier neben unzähligen weiteren Habseligkeiten an der Wand. HGV bleibt gelassen Grund nervös zu werden, ist das für Josef Traub, Marketingkoordinator des Handels- und Gewerbevereins (HGV) Bad Waldsee, allerdings noch nicht. Aus seiner Sicht sei die Situation „nicht beunruhigend“, vor allem, weil es sich um Ladenlokale handle, die einfach nicht mehr vermietet werden. „Entweder steht ein Eigentümerwechsel an oder die Eigentümer wollen aus persönlichen Gründen nicht wieder vermieten. Was in einzelnen Häusern jedoch explizit Sache ist, entzieht sich meiner Kenntnis“, sagt Traub. Wichtig sei vor allem die Definition von Leerstand. „Nur wenn aktiv nach Mietern gesucht wird, die die Ladenfläche belegen wollen, ist von Leerstand zu sprechen“, verdeutlicht er. Im Umkehrschluss heißt das: Steht eine ehemalige Geschäftsfläche zwar leer, aber der Hinweis auf die geplante Neuvermietung fehlt, fällt diese nicht unter die Rubrik Leerstand. Weder der HGV noch die Stadt fühlen sich dann in der Bringschuld. Auch die Stadt weist gegenüber der SZ „keine nennenswerten Leerstände von Geschäftsräumen in Bad Waldsee“ aus. Sie verweist auf früheren Handlungsbedarf: Leerständen wurde damals mit einem Arbeitskreis aus Vertretern des HGV und der Stadtverwaltung entgegengewirkt. Inzwischen sei dieser jedoch aufgelöst. Zudem sieht sich die Stadt gut aufgestellt, wenn es darum geht, dafür zu sorgen, dass leerstehende Geschäfte nicht lange leer bleiben. Mit dem Flächenmanagement und der Wirtschaftsförderin der Stadt, Regine Rist, stünden Ansprechpartner für Gewerbetreibende bereit.

Die Internetseite des Flächenmanagements offenbart aber vor allem eins: Knapp die Hälfte der ausgewiesenen neun Objekte sind sofort zu beziehen und stehen bereits seit Monaten leer. Die Stimmungslage weiter eintrüben dürften die jüngsten Geschäftsschließungen: Kai Bebendorf hat seinen zweiten Elektronikladen „T-Partner“ geschlossen. In unmittelbarer Nachbarschaft wird sich Ende dieser Woche auch Monika Arzenbacher mit ihrem „Küchenfundus“ nach acht Jahren endgültig aus dem Geschäftsleben zurückziehen. „Die Kundenfrequenz war im letzten Geschäftsjahr zu gering. Die Einnahmen haben einfach nicht mehr meine Kosten gedeckt“, sagt die Inhaberin. Gründe hierfür sieht sie vor allem in der Lage ihres Ladens: „Die Kaufphilosophie der Waldseer lautet eben: Ich gehe nicht bis ans Ende der Stadt, um einen Artikel zu bekommen.“ Die verwinkelte Straßenführung tue dann ihr Übriges. Auch der tagelange Ausverkauf habe den Umsatz kaum ankurbeln können. In die „einsame Gasse“ verirrten sich dennoch nur Stammkunden. Nachmieter für die Ladenfläche? Bislang Fehlanzeige. Mit wenig Laufkundschaft haben auch die Geschäfte im Wohngebiet Eschle zu kämpfen.

Allein in den vergangenen 14 Jahren haben dort drei Lebensmittelgeschäfte, ein Friseur, eine Pilsbar, ein Schreibwarengeschäft, ein Fitnessstudio, zwei Secondhand-Läden, ein Computerfachgeschäft, eine Metzgerei, ein Sportgeschäft und zuletzt die Drogeriemarktkette Schlecker ihre Pforten geschlossen. Dazu passt, dass gleich neben dem Straßenschild der Hinweis „Gewerbeflächen zu vermieten“ prangt. In die 2010 geschlossene Schlecker-Filiale ist vor einem Monat der benachbarte Vial-Markt mit vorwiegend russischen Lebensmitteln eingezogen. Dafür beginnt dort die Suche von Neuem. Inhaber Heinrich Wehrmein kennt die Gründe: „Geschäfte zieht es einfach nicht ins Wohngebiet, dafür liegt das Eschle zu weit weg von der Innenstadt.“ An zu hohen Mieten liege es in keinem Fall, eher am Warenangebot: „Mit meinen russischen Lebensmitteln kann ich die Bedürfnisse der Anwohner decken, das schaffen andere nicht.“ Wenn Wehrmein die Klebefolie an den Schaufenstern seiner alten Verkaufsfläche abgekratzt hat, reiht auch diese sich ein in die Reihe der verwaisten Läden im Eschle.

One thought on “Die Waldseer Innenstadt schwächelt

  1. Bad Buchau lässt grüßen, fängt immer gleich an. Wenigistens funktionieren die Strafzettel in Bad Waldsee noch recht lange. Wird ewig brauchen bis die Verwaltung das begreift. Ich selber werde dort sicherlich nicht mehr einkaufen, geschweige einen Kaffee trinken. Geht in anderen schönen Städten einfacher und Bürgernäher . Das muss mal laut gesagt werden.
    Ergebnis zeigt sich täglich neu.
    Über die Polizei samt Stadtverwaltung Bad Waldsee berichteten wir bereits in Artikel vom 24. Januar 2012 über Kunden verärgern.

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