Der Stadtstreicher – Kolumne 10

Das Adelindisfest in Bad Buchau habe ich zum ersten Mal mitgemacht.

Schon die historische Ankündigung, dass dieses Fest ein Fest der Armen sei, hat mich sehr neugierig gemacht. Ein sicher ganz seltener Beweggrund zu feiern. Die selige Adelindis hat an die Armen, Gebrechlichen und Notleidenden des Federseegebietes Brote verteilt und diesen damit wesentlich geholfen, ihr hartes Lebenslos zu mildern. Ich habe tatsächlich auch das Glück gehabt, während des Umzuges ein solches Brot zu erhalten.

Sicher hätte ich dieses Fest auch ohne diese Speisung überlebt. Aber mich erinnerte es eindrücklich an die gelebte Nächstenliebe. Was bedeutet heute noch ein Brot? Und das ohne Beilagen? Den Kindern am Montag, muss man da schon mehr bieten. Wir sind ja schließlich nicht in Afrika und können uns das ohne nachzudenken leisten. Früher, kann ich mich noch gut erinnern, hat man ein Brot beim Anschneiden mit einem Kreuzeszeichen gesegnet und dafür gedankt. Also historische Zeiten liegen da nicht dazwischen.

Heute sind das lächerliche Beschwörungen. Ist ja auch gut so. Bloß ganz vergessen, sollten wir das auch nicht in unserem gedankenlosen Überfluss auf höchstem Niveau. Damit möchte ich niemand vergraulen. Erfreuen wir uns an der heutigen Zeit des Genießens solange es uns vergönnt ist. Viele Menschen aus Stadt und Umland, Kur-Ferien- und Zaungäste habe ich in froher Laune und bei gelockerter Atmosphäre erlebt. Ein respektables Festprogramm und der schmucke Festumzug bei idealen Wetterverhältnissen haben das Herz auch bei mir geöffnet und so manch anderes vergessen lassen.

Dank allen, die Mitgewirkt und Last getragen haben. Ein paar müssen immer im Schweiße des Angesichts herhalten, wenn andere Freude haben. Oft sind es immer dieselben Kräfte, ruhig und bescheiden aber zuverlässig. Die Samenkörner, die vielfältige Frucht und reiche Ernten bringen. Als Stadtstreicher habe ich da mächtig Achtung. Sicher bin ich nicht so ertrag- und erfolgreich wie andere, aber bescheiden und genügsam bin ich auch.

Und Bescheidenheit sei ja auch eine Zier, heißt es, die zum Funktionieren einer Gemeinschaft wichtig ist.