Der Stadtstreicher – Kolumne 23

Stadtstreicher 23

Das Wahlergebnis – ein Kommentar

Jetzt ist sie gelaufen, die Bürgermeisterwahl. Für die Kleinstadt Bad Buchau mit rd. 3200 Wählern ein (erwartet?) gemischtes Ergebnis.

Erste Deutung

56,6 % der Wähler haben sich der Abstimmung aus welchen Gründen auch immer verweigert. Mit dem Wahlaufruf  in „amfedersee.de“ sollte gerade dies verhindert werden. Klare, nicht deutbare Ergebnisse für eine lebendige Demokratie in Bad Buchau, das war angesagtes Ziel. Das ist nicht gelungen. Wirklich schade, dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht bereit ist, sich klar zu entscheiden, ob die Politik mit den Begleiterscheinungen richtig war oder nicht. Dieser Mehrheitsblock der Unentschlossenen, Enttäuschten oder Uninteressierten, die ihre Meinung nicht (klar) äußern, kann jeweils dort platziert werden, wo man ihn braucht. Es liegt ja auch kein Grund vor, die bisherige Gangart zu revidieren. Der Souverän, der Wähler, hat entschieden. Es ist so gewollt. Sie wissen, als Stadtstreicher bin ich für klare Aussagen. Abseitsstehende, aus welchen Gründen auch immer, fallen immer unten durch und sind der Spielball der Politik im Großen wie im Kleinen. Ich hätte der Stadt einen aussagekräftigeren Wählerauftrag gegönnt. Das Wahlergebnis wird eben positiv und nicht negativ ausgewertet. Die Aktiven bestimmen, die anderen gehorchen…. und schimpfen. Das reicht zum Regieren.

Zweite Deutung

Nun der strahlende Sieger ist Bürgermeister Peter Diesch fürwahr nicht. Auch, wenn er sich in seiner Glorie so sehen sollte. Mit knapp 40,8 % der Stimmen der Wahlberechtigten, kann er sagen, er sei klar wiedergewählt, aber – mindestens mit gutem Gewissen – nicht behaupten, die Mehrheit der Bevölkerung stehe geschlossen hinter ihm. Es zeigt auf, dass eine klare Trennung zwischen Befürwortern und Skeptikern bzw. Gegnern vorhanden ist. Mit anderen Worten es gibt eine undefinierbare Oppositionsmehrheit. Diese reicht sicher in der Spanne von der Gleichgültigkeit bis zur vollen Unzufriedenheit. Aber 40,8 %, die sich bekennen, reichen zum Regieren völlig aus. Insofern hat Diesch seinen weiteren Auftrag erhalten. Auch ich als Stadtstreicher und aufrechter Demokrat gratuliere ihm dazu und wünsche ihm eine glücklichere Hand als in der Vergangenheit. Dies hätte unsere schöne, liebenswerte Stadt doch wahrlich verdient. Aber mehr als ein Wunsch kann dies nicht sein oder kann ich gar Hoffnung schöpfen? Es kommt wohl auf seine Charaktergrundzüge an, was er aus dem Wahlergebnis für persönliche Schlüsse zu ziehen gewillt ist. Wir werden es bald erfahren, denn die Vorgaben sind erschöpft. Große von ihm eingeleitete Entscheidungen stehen zur Reife an (Vollgymnasium, Götzburgareal, Stadtsanierung III, Altersheim Verpachtung oder weiter Eigenbetrieb, Federseemuseum usw.). An seinem Verantwortungsbewusstsein im Einzelnen und seinem jeweiligen Erfolg in der Sache werden wir es messen können. Ja, und vielleicht denkt er tatsächlich auch noch an die 59,2 %, die ihn nicht gewählt haben, durch eine generell aufgeschlossenere Politik diese mit zu nehmen und einzubinden? Der Stadt und der Demokratie in unserem Gemeinwesen würde es gut tun.

Natürlich muss man schlussendlich auch noch die Frage nach dem „Buchauer Weg“ stellen. Die Einheit, Gemeinschaft und Geschlossenheit, die Bürgermeister Peter Diesch so beschwor und hinter der er sich so gern verschanzte, hat einen tiefen Riss. Er hat ihn durch die Stärke seiner Schwächen verursacht. Seine Stärke zur Entschuldigung reicht wahrscheinlich auch nach der Wahl nicht aus. Damit ist aber der „Buchauer Weg“ auch zum „Weg Diesch“ geworden und wird es wohl als solcher auch bleiben. Klarheit, Wahrheit, Uneigennützigkeit, Offenheit sind durch die Wahl allein noch nicht ins Rathaus zurückgekehrt.

Als Stadtstreicher sehe ich daher eine weitere günstige Auftragssituation vor mir. Und Herr Weiss wird es kaum leichter als Gemeinderat haben. Beide werden wir einsame Rufer in der Wüste bleiben…. wohl unser undankbares Schicksal, nicht wahr Herr Diesch? Also packen wir es an.