Der neue Stadtstreicher – Kolumne 32

Ja, so ein einzelner Gemeinderat hat es im Gremium nicht leicht. Überhaupt, wenn er sich als Individuum mit eigenwilligen Gedanken sieht und sich nicht so ohne weiteres in allgemein gültige Kriterien einordnen lässt. Oder gar diesbezüglich schon vorbelastet ein solches Amt antritt. Der Gemeinderat ist ein Kollegialorgan. Er handelt nicht durch einzelne Mitglieder, sondern nur als Mehrheit. Die Meinungs- und Willensbildung ist zwar noch individuell möglich, wird aber letztlich von der Mehrheitsüberzeugung des Gremiums überlagert. Oder das einzelne Mitglied muß so gut argumentieren, bzw. überzeugen, dass er die Mehrheit des Rates an sich bindet. Das ist bei Gruppenbildung mit gleicher Gesinnung oder mit vorgeformter oder eingefärbter Grundstimmung nicht so ohne weiteres erreichbar. Es siegen nämlich nicht immer die besseren Beweismittel, sondern auch mal wieder nicht offen dargelegte Hintergrundverbindungen. Das können auch generelle Vorurteile gegen oder für etwas oder jemanden sein. Wehrt man sich gegen solche Kräfte, schwimmt man gegen den Strom, wächst die Isolierung. Vielleicht merkt der eine oder andere aufmerksame Zuhörer im Sitzungssaal solche Situationen. Dennoch bleiben rege Diskussionen nicht ganz ohne Widerhall.

Bleibt als Aufgabe noch die Kontrollkompetenz des Gemeinderats einzufordern, auf Missstände hinzuweisen, gesetzeswidrige Gegebenheiten aufzudecken und Verstöße anzuprangern, um die Sauberkeit und Rechtschaffenheit des Systems nicht in Zweifel geraten zu lassen. Eine durchaus wichtige aber nicht gern ausgeübte Tätigkeit, weil man sich keine Lorbeeren verdienen kann, sondern sich nur im Rathaus unbeliebt macht. Vielleicht sogar als Besserwisser, Querulant, Miesmacher gebrandmarkt wird. Wer will das schon von den Sonnyboys/-girls im Gemeinderat wagen? Zusammengefasst würde ich sagen, so ein Gemeinderat außerhalb des Rasters hat durchaus eine Daseinsberechtigung, braucht allerdings starke Nerven und Durchhaltevermögen. Solche Leute könnten aber bei ein wenig gutem Willen auch zum Nachdenken anregen? Einfacher ist es, sich als Grashalm im Winde zu wiegen.

In diesen Tagen hat Haupt- und Personalamtsleiter Erwin Schmid (der ranghöchste Verwaltungsbeamte der Stadt) seinen wohl verdienten Ruhestand angetreten. 35 Jahre hat er diesen Posten verantwortlich geprägt und ausgefüllt. Bereits Teile seiner Ausbildung hat er schon hier auf dem Rathaus absolviert. Also ein Buchauer Ziehkind. In dieser Zeit hat sich viel in der Verwaltung gewandelt, nicht nur das Rathausgebäude selbst. Gesetzesflut und Bürokratie sind gewachsen, Entscheidungsfindungen sind nicht einfacher, die Bürger sind unduldsamer, der Tagesablauf ist aufreibender geworden. Erwin Schmid scheint schon eine gewisse Institution im Rathaus gewesen zu sein. „Der Herr kannte seine Schafe und die Schafe kannten ihren Herrn.“Darin liegen Vorteile aber auch Nachteile begründet. Aber wie man allgemein hört, bemühte er sich, sein Amt fachlich unbestritten qualifiziert, gerecht und menschlich einfühlend auszuüben. Schon allein, dass er 3 Bürgermeister mit ihren persönlichen „Mucken“ aushielt, wohl am längsten BM Müller, sicher kein ganz gewöhnlicher Patriot, vor allem was Leistungsanforderung anbetraf. Als Wahlleiter hat er sich ebenfalls einen besonders organisatorisch versierten Ruf erworben, wo er auch seine Neutralität beweisen konnte. Ferner soll er wichtige öffentliche Einrichtungen in Aufsicht, Leitung oder Betreuung unter sich gehabt und auch Bereiche des Baurechts bearbeitet haben. Als Personalamtsleiter für weit über 100 Voll- und Teilzeitbedienstete in der ganzen Stadt verteilt (bis zum Kassenhäuschen am Federseesteg), brauchte man Übersicht. Vieles davon wurde ja in der Gemeinderatssitzung von Bürgermeister Stellvertreter Rolf Preißing bei der Verabschiedung gebührend herausgestellt (nicht vom Bürgermeister, der sich nur den Worten, ohne Meinungsartikulierung, anschloss). Auch als Stadtstreicher wünsche ich Ihm alles erdenklich Gute und einen langen „wohlfühlenden“ Ruhestand. Also sein Nachfolger Hohl, ebenfalls ein Buchauer Urgestein, aber mit „Auslandserfahrung“, hat schon gewisse Erwartungshürden vor sich. Als geschätzter Sachgebietsleiter vom Kreissozialamt Biberach hat er Umstellungen auf ein breiteres Verwaltungsgebiet zu absolvieren. Ich wünsche ihm gute Einarbeitung und Standfestigkeit.

So verändern sich immer wieder Gegebenheiten. Nichts steht still. In der einen Woche kann man beim Schloss große Einweihung feiern, in der anderen Woche brennt‘s im Thermalbad lichterloh. Ein Wechselspiel der Gefühle. Nie hat man seine Ruhe. Immer neue Herausforderungen gilt es zu meistern. Der Brand der Keltensauna war schon ein schauriges Erlebnis und ein Schock. Man darf sich niemals zu lange im Erfolg sonnen. Dann auch noch kleine Erdbeben durch geothermische Untersuchungen, die Hausbesitzer erschrecken. Ich dachte schon, da springt eine ganze Schulklasse geschlossen im Wackelwald Trampolin. Vielmehr kann in so kurzer Zeit wirklich nicht mehr zusammenkommen. Habe ich das richtig verstanden, pro 100 Meter erwärmt sich der Boden um 3°? Wieso kommt dann aus der jetzigen Therme bei 850 Metern Tiefe das Wasser mit 45° anstatt mit 25 °. Ach so, die Verwerfungen des Bodens im Untergrund von Buchau bringen alles durcheinander? Ich vermutete bei uns schon immer angestaute Kräfte. Aber dass es solch erhitzte Elemente sind, die hier schlummern, überrascht mich schon. Die werden uns vielleicht noch ganz schön einheizen. Gott sei Dank, wohl nur Umwelt schonend und zum Behagen von uns allen. Ob ich auch davon profitieren könnte? So ein beheiztes Wasserbett wäre durchaus eine Alternative zu meinem harten Strohlager. Bei meinen vielen mühsamen Recherchen hätte ich so etwas doch verdient. Jetzt habe ich endlich auch eine Perspektive, die mich begeistern könnte. Hoffentlich kein Strohfeuer!