Bad Buchau rüstet sich fürs Jubiläum 100 Jahre Federseesteg 2011

Ja, Bad Buchau rüstet sich fürs Jubiläum, 100 Jahre Federseesteg und 100 Jahre Naturschutz.

Bürgermeister Diesch hat schon recht, wenn er sagt: „Erst durch den Federseesteg ist Buchau überhaupt auf die touristische Landkarte gekommen…… und deswegen ist er gar nicht hoch genug einzuschätzen.“ Und Jost Einstein ergänzt: „Ermöglicht wurde dies von zwei >mutigen Visionären>, dem Buchauer Oberförster Walter Staudacher und der Nabu-Gründerin Lina Hähnle“, verdiente Persönlichkeiten der Stadt. Das 100jährige ist der Anlass, diesen beiden in erster Linie zu danken, Grundlegendes angestoßen zu haben.

Bild: Lina Hähnle, Ehrenbürgerin der Stadt Bad Buchau.

In seinem „Führer durch Buchau und das Federseeried aus dem Jahr 1925“ nennt W. Staudacher im Vorwort auch die Gründe der Initiativen: „Stolz und Liebe zur Heimatscholle, sowie wirtschaftliches Vorwärtsstreben haben beim Entstehen solcher Schöpfungen Pate gestanden.“ Und er fährt fort: „Seit einer Reihe von Jahren ist das Federseeried ein wahrer Wallfahrtsort von Forschern und Naturfreunden verschiedenster Richtung geworden. In stiller Arbeit wurden draußen in See und Ried und Moor gesucht und gefunden, was sich die erstmals hierher Gekommenen selbst nicht hätten träumen lassen: Das Bild einer in pflanzlicher, tierischer, vorgeschichtlicher und moorgeologischer Hinsicht einzigartigen Gebietes. Eines Gebietes, das trotz seines herben, eintönigen Äußern auch für den Durchschnittswanderer und den Laien zu gewissen Zeiten und Stunden erhabene Schönheit offenbart, wie sie ihm andere Stätten nicht gleich vermitteln können. Der Führer will dem Einheimischen wie dem Fremden die Augen öffnen und das Verständnis wecken lernen für ein Stück seltener Heimat, für eine den meisten wohl ganz neue Welt, deren Reize still nach innen gekehrt erscheinen.“

All das, was W. Staudacher da 1925 geäußert hat, hat sich in den kommenden Jahrzehnten bestätigt. Dieses „Vorwärtsstreben“ hat aber auch eine breite, sinnvolle Fortsetzung erfahren. Die nachfolgende Auflistung zeigt das.

Die vorgeschichtlichen Ausgrabungen bis 1937 brachten weitere sensationelle Ergebnisse. 1938 erfolgte die Gründung des staatlichen Naturschutzgebietes “ Federsee“. 1948/49 Der seit Ende des II. Weltkrieges völlig desolate Federseesteg wird abgebrochen, als Gemeinschaftswerk der Bevölkerung und der Stadt wieder aufgebaut, von 700 Meter auf 1.200 Meter Länge erweitert und mit einem Geländer abgesichert. 1951 Die LVA Württemberg und die Stadt Buchau gründen die Moorheilbad gGmbH. Es folgt ein zügiger Ausbau zum Rehazentrum. 1960 bis 1965 2. Generalsanierung des Federseesteges. 1963 die Stadt erhält die staatliche Anerkennung als Moorheilbad und nennt sich Bad Buchau . 1968 Eröffnung des neuen Federseemuseums am Weg zum See, ein denkmalgeschützter attraktiver Ständerbau in Form eines Atriums. 1969 errichtete das Zoologische Institut der Fakultät für Biologie an der Universität Tübingen gar eine Forschungsaußenstelle „Federseestation“. 1981 wurde mit der Fertigstellung der Federseeringleitung und der Kläranlage „Vollochhof“ nicht nur die Biologie des Federsees gerettet sondern damit auch die Artenvielfalt des Naturschutzgebietes langfristig gesichert. Die neu aufgenommen vorgeschichtlichen Ausgrabungen ab Mitte der 1980iger Jahre ergänzen die früheren wissenschaftlichen Erkenntnisse und enthüllen darüber hinaus weitere, völlig neue prähistorische Siedlungsstandorte u.a. auch im nördlichen Ried. 1983 bis 1985 3. Generalsanierung des Federseesteges mit Verlängerung auf 1.350 Meter. 1985 Erstmals entsteht ein durchgehender 16 km langer Rundweg um den Federsee als Wander- und Radstrecke mit Rast- und Beobachtungspunkten. Der Wackelwald wird durch einen Rundweg der Öffentlichkeit zugängig gemacht und später (2007) als Lehrpfad ausgeweitet. 1988 wurde mit Hilfe der Stadt das Naturschutzzentrum Federsee unter der Betreuung des Deutschen Bundes für Vogelschutz gegründet. Der Landkreis Biberach übernimmt die Patenschaft über das Naturschutzgebiet. 1994 erfolgte die Neuausweisung des Naturschutzgebietes „Südliches Federseeried“, dem sich weitere Flächen vor allem im nördlichen Ried anschließen. Die dadurch nahezu verdoppelten Naturschutzflächen von 1938 werden als EU- Naturschutzflächen und Vogelreservat „Natura 2000“ übernommen. seit 1997 Landaufkauf und Beschleunigtes Zusammenlegungsverfahren ermöglichen umfassende, von der EU-geförderte Maßnahmen zur Renaturierung und Vernässung des Schutzgebietes u.a. die Auflassung des Segelflugplatzes (2009). 1999 wird das Steinzeitdorf beim Federseemuseum eröffnet und der archäologische Moorlehrpfad in das südliche Federseeried angelegt. 1999 Mit der Ausstellung „Archäologie und Naturschutz am Federsee“ im Foyer des Europarats in Straßburg wird die fachübergreifende behördliche Zusammenarbeit als erfolgreiches EU- Musterbeispiel gewürdigt. 1999 wurde der geteerte, zu schmale Moosburger Fußweg durch den Staudacher Bannwald durch eine ausreichend breite und stabile Holzstegkonstruktion ersetzt. 2002 ein neues, technisch verbessertes Federseewehr im Kanzachkanal an der Moosburger Landstrasse reguliert und kontrolliert den Federseewasserspiegel. 2009 bis 2011 wird der Federseesteg zum 4ten Mal total erneuert, verbreitert und technisch verbessert. Seine Länge wird auf 1.500 Meter ausgeweitet, um ihn ganzjährig hochwasserfrei begehbar zu halten. 2012 ? Die Aufnahme unserer prähistorischen Feuchtbodensiedlungen des Alpenvorraumes in das UNESCO—Weltkulturerbe wäre die Krönung einer langen, spektakulären Ausgrabungsgeschichte.

Nach wie vor können wir keine „augenfälligen Knalleffekte, die das Heer der Oberflächlichen in Bewegung setzt“ in unserer Landschaft vorweisen aber wir konnten unvergleichlich „Wundersames“ erhalten und bewahren.

Mit dieser Aufzählung will ich zum Ausdruck bringen, dass auch die W. Staudacher und Lina Hähnle nachfolgenden Generationen, sich der großen historischen Verpflichtung zur Erhaltung unseres einmaligen Naturgebietes nicht verschlossen haben. Dies hat erhebliche Steuer- und Finanzierungsmittel erfordert, aber auch unsere Ausweisung als Moor- und Thermalbad gefördert und unseren Ruf als einzigartiges Erholungsgebiet mit einmaligen Präferenzen gestärkt, wie auch unsere Wirtschaftskraft erhöht. Selbstverständlich waren diese Anstrengungen zu keiner Zeit und es bedurfte oft mutiger, harter und anregender Auseinandersetzungen in den Beschlussorganen, diesen Weg weiter zu verfolgen. Wesentlich zur Erreichung dieses Zieles waren auch weit überdurchschnittliche staatliche Förderungen und fachliches Entgegenkommen. Ferner baute man auf die Einsicht der Landwirte, die sich infolge erschwerter Bewirtschaftungsgrundlagen immer mehr aus den Seegras- und Grenzertragsflächen des Riedes zurückzogen. Eine der Entwicklungen, die man 1911 oder 1925 bei weitem nicht so absehen konnte. Aber es wurden die Möglichkeiten erkannt und ausgeschöpft. Das ist entscheidend. Nicht stehen bleiben, vorwärts streben.

Das Jubiläum sollte uns mit Stolz „für unsere Heimatscholle“ erfüllen. Die Feier am Muttertag ist vielleicht gar kein so schlechter Fingerzeig.

Harald Müller